Ein Azubi hat es nicht immer einfach. Davon kann wohl jeder Azubi ein Lied singen. Daher ist ein Jugendcamp, bei dem man nicht nur auf Gleichgesinnte trifft, sondern auch auf Profis, die das gleiche bereits selbst einmal durchmachen mussten, umso hilfreicher. In meinem Report greife ich das Stimmungsbild auf und gebe Einblick hinter die Kulissen.
Beim Jugendcamp hautnah dabei war ich: Mein Name ist Natascha Henkel – ich mache seit August 2018 eine Ausbildung zur Medienkauffrau Digital und Print beim Verlag Chmielorz der ACM Mediengruppe in Wiesbaden. Aktuell arbeite ich in der Redaktion der Fachzeitschrift KÜCHE, wo ich auch prompt meine erste eigene redaktionelle Aufgabe übernehmen durfte.
In Absprache mit Bernd Kordina vom Landesverband der Köche Bayern und Chefredakteurin Petra Münster habe ich die Teilnehmer des Jugendcamps 2019 in Markt Regenstauf an mehreren Tagen begleitet und erste Eindrücke nicht nur von den Nachwuchsköchen, sondern auch von den Dozenten gewinnen können. In meinem Online-Special zum Jugendcamp Bayern 2019 gehe ich daher nicht nur auf die einzelnen Veranstaltungen ein, sondern gebe auch Einblick hinter die Kulissen – aus Sicht einer Auszubildenden.
Erst einmal ankommen
Nach einer etwas abenteuerlichen Anreise mit dem Zug von Wiesbaden nach Regenstauf konnte ich endlich am Mittwochmorgen beim Jugendcamp dazu stoßen. Zeit zum auszupacken blieb mir nicht, denn die Veranstaltungen von Tobias Bätz und Marketa Schellenberg waren bei meiner Ankunft bereits im vollen Gange. Ich wurde daher im Schnelldurchgang den Organisatoren vom Landesverband der Köche Bayern, Vertretern des VKD und den Kochprofis aus dem Veranstaltungsprogramm vorgestellt. Leider blieb dabei keine Zeit, mich auch noch den Azubikollegen vorzustellen. Das führte zu dazu, dass ich immer wieder gefragt wurde, wer ich denn wohl sei. Doch hierzu später mehr.
Da die Veranstaltungen von Tobias Bätz und Marketa Schellenberg an diesem Tag bereits fast zu Ende waren, hatte ich Zeit mir in Ruhe einen ersten Eindruck zu verschaffen. Denn zu meinem Glück wiederholten sich die Hauptveranstaltungen rund um Marketa Schellenberg, Tobias Bätz, Matthias Mittermeier und Markus Haxter von Dienstag bis Donnerstag täglich für die einzelnen Gruppen von 14 Teilnehmern. Dabei fiel mir auf, dass die Stimmung bei den Workshops - egal wie stressig es für die einzelnen Personen auch war - durchweg positiv blieb. Ob ich mich nun mit der Küchenhilfe Rosi, mit der unterstützenden Köchin Lisa, dem Koch Christian Giesche oder den Jungköchen unterhielt – die Stimmung war ausgelassen.
Berufsschule, nein danke?
Während der Mittagspause blieb mir neben einem Interview mit Sabrina Goisser und Caroline Lindner von Jobeline und dem Gruppenfoto mit allen Teilnehmern auch noch Zeit, den Gesprächen der Azubis zuzuhören. Während sich die einen sonnten und sich über ihre Pläne für das Abendprogramm austauschten, erzählten andere von ihrem Ausbildungsbertieb oder der Berufsschule. Hier und da mal eine schlechte Note, so war zu hören, sei doch egal, schließlich zähle vor allem die Abschlussprüfung. Einer meinte sogar, die Berufsschule sei komplett nebensächlich und allein der Betrieb bringe einem als Kochazubi etwas bei. Deshalb würden einige Mitschüler erst gar nicht zum Unterricht erscheinen. Das läge auch daran, dass sogenannte „Lückenfüllerfächer“ wie Sport und Religion belegt werden müssten, war zu hören. An den Gesprächen hat mir gut gefallen, dass die bereits ausgelernten Köche, den jüngeren Azubis Tipps für die Abschlussprüfung gaben und ihre Erfahrungen in den Bereichen, in denen sie im Moment eingesetzt sind, offen teilten.
Erst das Programm, dann die Party
Bei den folgenden Veranstaltungen mit Markus Haxter und Matthias Mittermeier konnte ich hautnah miterleben, wie interessiert die Jungköchinnen und -köche an den Ausführungen der Profis waren. Egal, ob es ums Vakuumieren oder um die molekulare Küche ging. Die Aufmerksamkeit blieb die ganze Zeit bei den Profis. Und von den Nachwuchsköchinnen und -köche kann sich so manch ein Koch auch noch etwas abschauen wenn es um das Thema Food-Fotografie geht. Denn der Kreativität waren beim Anrichten als auch beim Fotografieren der Teller keine Grenzen gesetzt.
Nach dem Vortrag von Markus Demski über sein Leben als U-Boot-Koch verabredeten sich einige der Jungköche zum ausgelassenen Feiern beim Holzpavillon. Ein Sprichwort sagt: „Wer abends feiern kann, kann am nächsten Morgen auch arbeiten.“ Diese Rechnung ging aber nicht bei allen auf. So mancher war am nächsten Morgen reichlich zu spät. Blöd nur, dass die ersten Veranstaltungen bereits um 8 Uhr morgens anfingen. Einer der Teilnehmer fasste dieses Verhalten so zusammen: „Man ist zum Lernen hier und nicht zum Party machen. Man zahlt ja mehrere hundert Euro für das Schulungscamp und du merkst eben, wer das Jugendcamp ernst nimmt und wer nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob du es aus eigener Tasche bezahlst oder dein Betrieb das übernimmt.“
Die Welt entdecken
Sehr gut hat mir an diesem zweiten Morgen die Veranstaltung von Tobias Bätz (Küchenchef im Restaurant Alexander Herrmann) gefallen. Er gab nicht nur den Jungköchen die Chance, einmal selbst kreativ zu sein und sich ein eigenes Gericht zu überlegen, sondern er ging richtig auf die Teilnehmer ein.
Auch wenn ein Nicht-Koch-Azubi wie ich – ich mache ja eine Ausbildung zur Medienkauffrau Print/Digital in einem Verlag – sich die Frage stellen sollte, was er in 10 Jahren einmal erreicht haben möchte, war ich schon erstaunt, dass die Nachwuchsköchinnen und -köche beim Jugendcamp genau wussten, was sie später einmal machen möchten. Die meisten wollen ins Ausland, wissen auch schon, welche Länder und welche Kulinarik sie als nächstes erlernen möchten. Einige äußerten ganz klar den Wunsch, in einem guten Betrieb zu arbeiten oder am liebsten selbst einmal Sterne-Koch zu werden. Und der ein oder andere wusste sehr genau, dass er auf jeden Fall nicht in der Sternegastronomie arbeiten möchte. Die Verantwortung und der Stress sei viel zu hoch, meinte der Kochazubi.
In der Mittagspause wurde ich wieder einmal gefragt, wer ich denn eigentlich sei – offensichtlich ja kein Kochazubi – und was ich im Camp so mache. Wenigstens kamen wir dadurch gut ins Gespräch und da ein Mainzer mit am Tisch saß, konnten wir sogar ein bisschen über die Heimat plaudern. Nebenbei bekam ich dann auch die ein oder andere Stichelei mit, die jedoch einfach nur freundschaftlich gemeint war. Denn über die Tage im Jugendcamp hatten sich Freundschaften und auch Gruppen unter den Teilnehmern gebildet – dabei war es egal, ob der eine aus Berlin und der andere aus Bayern kommt. Klar, dass ich auch eine Menge Fragen zu zu meiner Ausbildung bei einem Fachzeitschriftenverlag beantworten musste. Die nicht einmal merkwürdigste an diesem Tag war, ob unsere Zeitschrift auch einmal das Thema „Drogen in der Küche“ aufgreifen würde.
Der Kochnachwuchs lässt Ballons steigen
Am Nachmittag ging es dann weiter im Programm mit Markus Haxter und Matthias Mittermeier. Während Matthias Mittermeier seine Rezepte durchging, kam die kurioseste Frage des Tages. Einer der Teilnehmer fragte mich doch glatt, ob ich so etwas wie ein Stalker sei, da ich so viele Fotos machen würde. Ich war davon so perplex, dass ich erst nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Doch genau mit diesem Teilnehmer verstand ich mich bis zur Abreise am besten, nachdem geklärt war, dass ich für unsere Zeitschrift über das Jugendcamp berichten soll . Denn zum Glück kann man so etwas ja mit Humor nehmen.
Das Interesse an den Kreationen von Matthias Mittermeier war sehr hoch, denn hier war am meisten Trubel los. Die Jungköche machten eifrig Fotos und Videos und probieten alles aus. Ob die Herstellung von Kaviar aus Kokosschokolade oder Popcorn, hergestellt mithilfe von Stickstoff. Alles wurde probiert. Am meisten Aufsehen erregte Mittermeier jedoch mit dem essbaren Ballon (https://youtu.be/r2IjJocAR0c). Und dabei war es sogar egal, dass der ein oder andere missglückte oder an die Decke flog.
Den Abschluss des Tages machte dann Jens Brockerhof mit seiner Vorstellung der Unternehmensgruppe El Paradiso.
Und nach dem Camp ist vor dem Camp
Am nächsten und letzten Morgen des Jugendcamps folgte ab 8.30 Uhr das Briefing und die Vergabe der Teilnahmezertifikate. Vor der Veranstaltung erfuhr ich noch, dass einige auch in dieser Nacht ein paar richtige Abenteurer erlebt hatten. Entsprechend begann der Morgen mit einer Standpauke von Veranstalter Bernd Kordina zum Umgang mit alkoholischen Getränken, vor allem Bier. Danach sollten die Teilnehmer des diesjährigen Camps ihre Programmwünsche für das nächste Jahr äußern, wie z.B. den Vortrag eines Käse- und Wein-Sommelier. Der Wein-Sommelier fand Zustimmung, womit die Einschränkungen beim Bier beim Camp im nächsten Jahr auch nicht mehr so tragisch ist.
Mein Fazit: Ich freue mich, dass ich das Jugendcamp begleiten durfte, es war in jedem Fall eine interessante Erfahrung. Das Programm der Profiköche und der Austausch mit den Kochazubis hat mir gut gefallen, aber ein paar Verbesserungsvorschläge möchte ich dennoch loswerden: Ein bessere Übersicht, wann welche Veranstaltung stattfindet, wäre gut – am besten auf der Website. Außerdem könnte man das Veranstaltungsgelände besser ausschildern, die Rezeption musste ich erst mal suchen – und auch über den Tipp, dass Handtücher mitzubringen sind, hätte ich mich gefreut.