Neuordnung insgesamt gelungen

Daniel Schade zur Reform der Kochausbildung: „Wichtig ist, dass wir gemeinsam mit allen Playern der Branche an dem Thema dranbleiben und den Blick auf die Realität nicht verlieren.“ Foto: KÜCHE/Ingo Hilger
Daniel Schade 06.08.2024 MAGAZIN  |  Karriere

Vor zwei Jahren trat die lange vorbereitete neue „Verordnung über die Berufsausbildung zum Koch/zur Köchin“ in Kraft. Daniel Schade, Präsident des Verbands der Köche Deutschlands e. V. (VKD), zieht in seinem Gastbeitrag eine Zwischenbilanz, inwieweit die Ausbildungsreform die in sie gesetzten hohen Erwartungen erfüllt. 

Gastbeitrag Daniel Schade

Das Wichtigste vorweg: Das Experiment Neuordnung mit gestreckter Abschlussprüfung (GAP) ist  insgesamt gelungen. Grundsätzlich wurden im Vorfeld in den Erstellungsausschüssen und im Ausschuss des Neuordnungsverfahrens gute Grundlagen gelegt, damit die Einheitlichkeit deutschlandweit gewährleistet wird. Außerdem gab es hilfreiche Unterstützung in Form von ausführlichen Umsetzungshilfen, auch wenn nicht immer alle Kammern diese ausreichend beherzigt haben. Es gibt teilweise große Unterschiede in den verschiedenen Kammerbezirken, zum Beispiel beim Erstellen und Kalkulieren der Warenkörbe. 

Gestreckte Abschlussprüfung mit ersten guten Ergebnissen 
Bei der Zwischenbilanz möchte ich Theorie und Praxis unterschiedlich bewerten. Für den praktischen Teil der gestreckten Abschlussprüfung würde ich eine glatte Eins vergeben. Warum? Weil er gut funktioniert. Die alte Zwischenprüfung wurde im Zuge der Ausbildungsreform ja durch die gestreckte Abschlussprüfung Teil 1 (GAP1) ersetzt, die mit der Einführung des vertieften Fachgesprächs einen wichtigen Mehrwert für alle Beteiligten bietet. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses können den Auszubildenden so konkrete Tipps und wertvolle Hinweise für die verbleibenden Monate mit auf den Weg geben. Und die Auszubildenden haben die Möglichkeit, mit diesem Feedback aus der Praxis gezielt nachzusteuern, um sich bestmöglich auf die GAP2 vorzubereiten.

Es ist auch sehr schön zu sehen, wie die Auszubildenden mit den Warenkörben arbeiten und sich zwei Wochen vor ihrer Prüfung intensiv mit der Materie und den Möglichkeiten auseinandersetzen. Viele von ihnen haben bereits ein gutes Gespür für Geschmack und Würzung und können mit den vorgegebenen Zutaten einwandfrei umgehen. Auch wenn es sich unter dem um einfache Zubereitungsarten handelt, lässt sich der Leistungsstand in der Praxis gut erkennen. Im Prüfungsausschuss in Berlin haben wir bei der GAP1 teilweise bessere Gerichte gesehen als früher bei Abschlussprüfungen nach der alten Verordnung.  

Der häufigste Grund für fehlende Punkte und eine der größten Hürden bleibt allerdings die Sprachbarriere für Auszubildende aus anderen Herkunftsländern. Ein Teil der Wahrheit ist, dass Köchinnen und Köche nicht nur praktisch arbeiten, sondern auch reden, lesen und lernen. Unsere Branche ist so international wie kaum eine andere und da stellt sich durchaus die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, die Prüfungen in englischer Sprache anzubieten.

Was den 2. Teil der gestreckten Abschlussprüfung (GAP2) angeht, fehlen uns derzeit noch genügend verwertbare Resultate für eine fundierte Zwischenbilanz. Denn bislang haben lediglich diejenigen den zweiten Teil der GAP abgelegt, die ihre Ausbildung verkürzt haben. Ähnlich sieht das bei einer ersten Bewertung der „Fachkraft Küche“ aus. 

Luft nach oben bei Küchenpraxis in den Betrieben 
Wichtig bleibt, dass die betrieblichen Rahmenlehrpläne und die Ausbildungsrahmenpläne aufeinander abgestimmt werden. Aus meiner Arbeit im Prüfungsausschuss in Berlin kann ich berichten, dass die Berufsschulen und deren Lehrkräfte dort gut informiert und vorbereitet sind. Die schulischen Lehrpläne orientieren sich am Ausbildungsrahmenplan. Im Rahmen der GAP1 zum Beispiel findet das Fachgespräch immer im Beisein einer Lehrkraft statt, die genau weiß, auf welchem Ausbildungsstand sich der Prüfling befindet. Das ist sehr hilfreich.  

In der Küchenpraxis wiederum gibt es sicher noch etwas „Luft nach oben“, denn nicht jeder Betrieb hat einen detaillierten Ausbildungsrahmenplan für seine Azubis ausgearbeitet. Das ist meine Beobachtung. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass der Anhang im Ausbildungsvertrag auch zugleich der Fahrplan im Betrieb ist.  

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Neuordnung von 2022 hat lange Wege der Vorbereitung und Abstimmung hinter sich und wir haben daraus gelernt, künftige Anpassungen besser im Auge zu behalten. Mit den vorliegenden Ergebnissen können wir alle sehr gut arbeiten, sowohl im Betrieb als auch in der Schule und bei den Prüfungen. Wir haben das große Glück, dass der VKD in allen Bereichen mit kompetenten Kolleginnen und Kollegen besetzt ist, die ihre Erfahrungen weitergeben können. Deshalb ist und bleibt unser Verband ein wichtiger Ansprechpartner bei der Weiterentwicklung des Berufsbilds. Wichtig ist, dass wir gemeinsam mit allen Playern und Institutionen der Branche an dem Thema dranbleiben und den Blick auf die Realität nicht verlieren.

Die tatsächlichen Auswirkungen durch die Neuordnung lassen sich vermutlich erst in weiteren zwei Jahren abschließend beurteilen. Es braucht für die Umsetzung in allen Bereichen einfach eine gewisse Zeit für das Wirken der neuen Inhalte. Ich bleibe deshalb dabei: Spätestens 2026 sollten die Verantwortlichen erneut genau hinschauen und gemeinsam überlegen, ob die Anforderungen detailliert und modern genug angelegt wurden. 


DANIEL SCHADE
Daniel Schade (Jahrgang 1984) ist seit 2021 Präsident des Verbands der Köche Deutschlands e. V. (VKD). Hauptberuflich arbeitet der gelernte Koch und Geprüfte Küchenmeister (IHK) als Leiter aller gastronomischen Einrichtungen der Tannenhof Berlin-Brandenburg gGmbH, einem Träger mehrerer Einrichtungen im Bereich der Suchttherapie sowie der Kinder- und Jugendhilfe. Schade engagiert sich seit Jahren besonders in der Aus- und Weiterbildung von Köchinnen und Köchen – in Berlin ist er als IHK-Prüfer u. a. für die Abschlüsse Koch/Köchin, Fachwirt im Gastgewerbe und Geprüfte Küchenmeister:innen im Einsatz. Zudem war er Mitglied des Sachverständigenausschusses zur Neuordnung der Berufsausbildung Koch/Köchin (KochAusbV), die am 1.8.2022 in Kraft getreten ist.