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Die Domäne Mechtildshausen ist nicht nur als Jugendhilfeprojekt der Stadt Wiesbaden bekannt, sondern auch als Standort gehobener Gastronomie in Bioland-Qualität. Nun wurde die Wirkungsstätte von Küchenmeister Simon Engelberger als „Hessen à la carte“-Betrieb ausgezeichnet.
Um seinen Arbeitsplatz mitten in der Natur beneiden Simon Engelberger viele. Der Koch arbeitet in der Domäne Mechtildshausen, einem Hofgut umgeben von grünen Wiesen, auf denen Rinder und Pferde weiden, gelegen zwischen den Wiesbadener Vororten Delkenheim und Erbenheim. Mehrere Wirtschaftsgebäude, Bäckerei, Metzgerei, Käserei, Stallungen sowie ein Gästehaus findet man auf dem Gelände. Zum Gästehaus gehört ein Restaurant, das zu den Besten Wiesbadens zählt: Hofküche Mechthild (ehemals Weinstube), die im August für ihre Küche nun die Auszeichnung als „Hessen à la carte“-Betrieb bekommt. Wie die Domäne versprechen ausgezeichnete Betriebe Ihren Gästen Produktqualität und Ursprünglichkeit, denn verwendet werden vor allem heimische Qualitätsprodukte der Saison. Mit diesem Leitgedanken sollen insbesondere die heimische Landwirtschaft und Kulturlandschaft erhalten werden. An diesem idyllischen Plätzchen mitten im Grünen heuerte Simon Engelberger 2015 an, weil es ihn der Liebe wegen nach Wiesbaden verschlagen hatte.
Wanderjahre als junger Koch
Aber von Anfang an. Geboren wurde Simon Engelberger in Pirmasens. Dort besuchte er die Schule bis zu seinem 16. Lebensjahr. „Ich war damals etwas ziellos, bis mein Bruder, der eine Ausbildung zum Koch machte, zu mir sagte ‚so du kommst jetzt mit‘“, lacht Engelberger. So kam es, dass auch Simon beschloss, eine Kochlehre zu beginnen – im Hotel-Restaurant Pfalzblick in Dahn. „Während der Ausbildung fand ich den Beruf nicht so prickelnd, das änderte sich aber schnell, als ich fertig war,“ gesteht der 33-Jährige. 2008 wurde er als einer der letzten im Rahmen der Wehrpflicht zur Bundeswehr eingezogen, wo er in der Feldküche die Ausbildung zum Feldkoch durchlief. „Hier habe ich die nötige Disziplin gelernt, die mir heute noch hilft“, erinnert er sich.
Nach dem Bund entschied sich Simon, wieder in seinen Ausbildungsbetrieb im Hotel Pfalzblick zurückzukehren und eine Stelle als Chef Patissier anzunehmen. „Von da an, wo ich das erste Mal für meinen eigenen Bereich verantwortlich war, hat mich der Beruf gepackt und bis heute gefangen gehalten“, erzählt Engelberger. Später kam der Posten als Sous-Chef dazu. 2013 zog es den Koch weiter – von Dahn nach Heidelberg auf die Meisterschule, wo er staatlich geprüfter Gastronom wurde und den Küchenmeister IHK anschloss. „Mein Ausbilder Hubert Krieg hat mir in dem Jahr nicht nur viel Fachwissen mitgegeben, sondern mich auch als Ausbilder sehr geprägt“, sagt Simon.
Der Liebe wegen nach Wiesbaden
Es folgte eine Saison im Schweizer Skiort Arosa als Chef Gardemanger. Hier kochte Simon an der Seite von Gerd Reber im Waldhotel National im Gourmetrestaurant Kachelofa-Stübli. „Von ihm habe ich viel für meinen späteren Kochstil gelernt“, verrät Simon, wobei er seinen Stil als „ungezwungen, chic, aber auch heimatverbunden“ bezeichnet.
Nach dieser Zeit, in der er drei Restaurants beschickte, kehrte Simon Engelberger erst mal wieder in seine Heimat nach Pirmasens zurück. Inzwischen gab es Freundin Elena in seinem Leben. „Seit ich sie kenne, zieht es mich nicht mehr in die weite Welt“, lacht der Koch. Die Mediengestalterin bekam einen Job in Wiesbaden und Simon folgte ihr. „Ich hab‘ geschaut, was die besten Restaurants in Wiesbaden sind. Da waren Die Ente und an zweiter Stelle das Restaurant im Gästehaus der Domäne Mechtildshausen.“ Kurzentschlossen bewarb sich Simon und stand eine Woche später bereits als stellvertretender Küchenchef in der Domänenküche.
„Ehrliche regionale Kost“
Während draußen die Vögel zwitschern und die Landschaft allmählich in den Frühlingsmodus übergeht, bereitet Simon für uns seine Kreation Frühlingsgefühle vor (siehe Rezept). Die Zusammenstellung hat er selbst kreiert – inspiriert von der natürlichen Umgebung und der kommenden Jahreszeit. Daher zieht es ihn auch gar nicht weg von hier, auch wenn er jetzt, seit das Gästehaus geschlossen ist, Küchenleiter in der Weinstube ist, ein weiterer Gastrobetrieb auf dem Gelände der Domäne. In der Hofküche Mechthild gibt es keine gehobene Gastronomie, sondern „ehrliche regionale Kost bester Bio-Qualität mit leicht französischem Einschlag“. Simon selbst liebt die regionale Küche, vor allem die Pfälzer – Saumagen & Co. Sein Credo: „Es muss keine Sternegastronomie sein. Mir ist wichtig, dass es dem Gast schmeckt.“
Das Handwerk nicht vergessen
Beim Kochen lässt sich Simon Engelberger vor allem von seiner Fantasie inspirieren, wobei er viel Wert auf Handwerklichkeit legt. Wie er mit Hingabe Brotchip und Mohnhippe auf seinem Gericht platziert und zuletzt die Kresse ansprechend drapiert, spricht für sich. „Das Handwerk des Kochs darf nicht verlorengehen“, betont er. Deswegen achtet Simon Engelberger als Ausbilder besonders darauf, dass seine Azubis in der Domänenküche das Kochhandwerk von Grund auf lernen. Dass Simon ausbilden wollte, wusste er schon früh: „Ich hatte teilweise mit cholerischen Ausbildern zu tun. Da habe ich mir gesagt, das will ich anders machen.“ Heute betreut der Koch Azubis im Alter zwischen 16 und 20 Jahren, aber auch Menschen, die er bei der (Wieder-) Eingliederung in den Arbeitsmarkt unterstützt. „Wir haben natürlich Azubis dabei, die es nicht leicht hatten. Da muss ich zusehen, dass ich alle in ihren verschiedenen Lebenslagen erreichen und motivieren kann“, erzählt Engelberger. Ein Auftrag, den er mit Leidenschaft ausführt.
Simon ist angekommen
Auch er selbst hätte sich während seiner Ausbildung mehr Unterstützung und Hilfe gewünscht, erzählt er. Aus diesem Grund hat er zusammen mit Freundin Elena vor zwei Jahren den Video-Blog „Chefsstuff“ ins Leben gerufen (siehe Interview in KÜCHE 1-2, Seite 8). Mit Chefsstuff möchte Engelberger eine Anlaufstelle für Kochazubis bieten, bei der sie praktische Hilfe und Tipps erhalten. „Einen haben wir so durch die gesamte Prüfung begleitet“, freut sich der Ausbilder über den Erfolg seines YouTube-Kanals. Ob er bei alldem noch Zeit für Hobbys hat? „Ach, irgendwie ist man ja immer Koch“, lacht Simon und macht deutlich, dass er angekommen ist – beruflich und privat. Auch die neueste Auszeichnung als "Hessen à la carte"-Betrieb ist eine schöne Anerkennung der innovativen Küche in der Domäne, über die sich der Küchenmeister freut.
HESSEN À LA CARTE
Die Qualitätsinitiative „Hessen à la carte“ wird durch den Hotel- und Gaststättenverband Dehoga Hessen sowie den Hessischen Tourismusverband getragen. Die Zertifizierung ist für 3 Jahre gültig. Betriebe, die zu einem "Hessen à la carte"-Betrieb ausgezeichnet wurden, versprechen ihren Gästen Produktqualität und Ursprünglichkeit, denn sie verwenden werden vor allem heimische Qualitätsprodukte der Saison. Dies soll zum Erhalt der heimischen Landwirtschaft und Kulturlandschaft dienen.
Dieser Artikel ist in KÜCHE 4/2021 erschienen.
