Lüftung: Essenziell für Hygiene und Sicherheit

Christian Pillich: "Küchenplaner werden oft viel zu spät in das Projekt einbezogen, sodass der zur Verfügung stehende Raum für die Lüftungskanäle viel zu klein bemessen wird." Foto: Sergey Proskurin/iStock/Getty Images
Interview Salina Gleim 18.07.2024 MAGAZIN  |  Küchenmanagement

Von der Lebensmittelhygiene über die Luftqualität bis hin zum Brandschutz – die Anforderungen an Lüftungsanlagen in gewerblichen Küchen sind vielfältig. Christian Pillich, Experte für Lüftungs- und Klimatechnik, erklärt die wesentlichen Aspekte moderner Lüftungssysteme und deren Bedeutung für ein optimales Arbeitsumfeld.

KÜCHE: Herr Pillich, welche Bedeutung hat die Lüftungs- und Klimatechnik in der Profiküche?
CHRISTIAN PILLICH: Die Lüftung in gewerblichen Küchen ist essenziell wichtig. Zum einen, um für das Personal ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dabei ist es die Aufgabe der Lüftungstechnik, die entstehende Feuchtigkeit und Wärme sowie die entstehenden Fette möglichst vollständig zu erfassen und abzuführen sowie die abgeführte Luftmenge durch Frischluft zu ersetzen.
Zum anderen ist eine Lüftungsanlage für die Lebensmittelhygiene unerlässlich. Dazu muss ich etwas ausholen: Wenn man etwas zum Kochen bringt, ändert sich der Aggregatzustand der Moleküle. Diese steigen auf und es entstehen sogenannte Wrasen, ein Fachbegriff für den Wasserdampf, der beim Kochen aufsteigt. Zu den Wrasen gehören auch Fette und Gerüche, die in den Kochdämpfen enthalten sind. Durch die aufsteigenden Wrasen entsteht eine Luftfeuchtigkeit, die zum Beispiel an Wänden oder Arbeitsflächen ein wahres Biotop für Keime und Bakterien darstellen kann. Diese müssen abgeführt und durch Frischluft ersetzt werden, damit auch in puncto Hygiene keine ungewünschten Nebeneffekte entstehen.

Welche Rolle spielt sie für die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden?
Eine sehr große. Lassen Sie mich das an vier Stichworten erläutern: Zum einen müssen Lüftungsanlagen für eine optimale Luftqualität sorgen, das heißt, wie bereits erwähnt, durch den geregelten Austausch von Abluft und ausreichend Frischluft.
Ganz wichtig ist natürlich auch der Beitrag zum Brandschutz und zur Arbeitssicherheit. Denn durch Fettablagerungen kann es schnell zu Bränden kommen. Ein weiterer wichtiger Punkt, der oft vergessen wird, ist die Beleuchtung. Die Arbeitsstättenrichtlinie schreibt eine bestimmte Beleuchtungsstärke am Arbeitsplatz vor. In der Profiküche spricht man von mindestens 500 Lux. Die Beleuchtung in der Lüftungstechnik muss so ausgelegt sein, dass es zu keiner Verschattung kommt. Wenn wir eine neue Lüftungsanlage planen, schauen wir neben den genannten Punkten auch direkt, wie Beleuchtungen eingesetzt werden können. Denn nur so kann ein angenehmes Arbeitsumfeld geschaffen werden.

Wie funktioniert eine typische Lüftungsanlage?
Ein typisches Lüftungssystem besteht grob aus drei Komponenten: der Ablufterfassung, einem Lüftungskanalsystem und einem Motor, der die Luft bewegt. Diese Komponenten müssen so ausgelegt sein, dass eine ausgeglichene, homogene Umgebung am Arbeitsplatz entsteht.

Auf welche Technologien und Systeme setzen Sie?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Ausstattungsvarianten. Es gibt zum Beispiel die sogenannte Stützstrahltechnik, die dafür sorgt, dass sich die Wrasen nicht frei in den Raum strömen, sondern durch einen Stützstrahl direkt im Erfassungsbereich gesammelt werden. Man kann sich das wie einen Schleier im Supermarkt vorstellen, der dafür sorgt, dass die warme Luft drinnen und die kalte draußen bleibt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die automatische Reinigung, sodass sich die Anlage in bestimmten Intervallen selbst reinigt.
Unverzichtbar ist auch eine sogenannte Abluftnachbehandlung mit UV-C-Röhren, die während des Betriebes permanent laufen und Fettpartikel sofort eliminieren können. Ohne Abluftnachbehandlung können sich Fette im Kanalnetz oder eventuell in integrierten Wärmerückgewinnungsanlagen absetzen, die Leistung beeinträchtigen und im schlimmsten Fall die Brandgefahr erhöhen.

Welche gesetzlichen Vorschriften und Normen gelten für das Gastgewerbe?Grundsätzlich gelten immer die Arbeitsstättenrichtlinien sowie die Arbeitssicherheitsinformation (ASI) der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN). Für die Lüftungstechnik und deren Auslegung sind die VDI 2052 sowie die DIN EN 16 282 zu beachten. Bei gewerblichen Kleinküchen mit einer Gesamtanschlussleistung der wärme- und feuchteabgebenden Geräte von weniger als 25 kW kann auf eine Lüftungsanlage verzichtet werden (sollte empfehlenswerter Weise jedoch vorgesehen werden), bei allen Küchen über 25 kW ist eine Lüftungsanlage zwingend erforderlich.

Was ist bei der Planung einer Lüftungs- und Klimaanlage zu beachten?
Grundsätzlich sind die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Danach ist je nach Anzahl der installierten Küchengeräte der richtige Abluftbedarf – der jeweilige Volumenstrom – zu ermitteln. Denn die Größe des Volumenstroms hat Auswirkungen auf das Kanalnetz. Hier gilt: Je größer der Volumenstrom, desto größer muss das Kanalnetz sein. Befindet sich der Abluftmotor beispielsweise auf dem Dach des Gebäudes, muss bei der Planung auch die richtige Kanalführung berücksichtigt werden. Nachträgliche Änderungen sind nur schwer möglich.

Wie wichtig ist da die Zusammenarbeit mit anderen Gewerken, wie Architekten oder Bauingenieuren?
Das ist immens wichtig. Je früher ein Küchenplaner in die Gebäudeplanung eingebunden wird, desto besser kann die Abstimmung mit Architekten, HLS-Planern, Elektrikern und Statikern erfolgen.

Welche Fehler werden bei der Planung häufig gemacht?
Ein häufiges Problem ist, dass wir Küchenplaner leider oft viel zu spät ins Boot geholt werden, sodass die zur Verfügung stehenden Flächen oft zu klein sind und die Lüftungsanlagen zu klein bemessen werden. Oft sind auch die Schnittstellen zwischen den einzelnen Gewerken nicht klar definiert. So kommt es vor, dass Ablufthauben nicht berücksichtigt oder Feuerlöschanlagen und Beleuchtung gänzlich vergessen werden. Um Mehrkosten durch Umbauten etc. zu vermeiden, ist es daher unerlässlich, die Küchenplaner frühzeitig in das Projekt einzubeziehen.

Wie kann die Energieeffizienz von Lüftungsanlagen optimiert werden?
Grundsätzlich sind die Vorgaben des GEG (Gebäudeenergiegesetz) zu beachten. Danach kann die Lüftungsanlage durch eine bedarfsgerechte Steuerung optimiert werden. Mit ihrer Hilfe wird die Leistung der Anlage bedarfsgerecht geregelt. Ohne bedarfsgerechte Steuerung läuft die Anlage im Dauerbetrieb, auch wenn nicht gekocht wird. Auch die bereits erwähnte Stützstrahltechnik trägt zur Reduzierung der Abluftleistung bei. Dies fördert die Energieeffizienz und schont die Umwelt. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Energiekosten und die Umweltbilanz aus.

Wie sehen Sie die Zukunft der Lüftungs- und Klimatechnik? Gibt es aufkommende Technologien oder Konzepte, die Sie besonders spannend finden?
Ein spannendes Thema ist auf jeden Fall das Raumluftqualitätsmanagement und die zeitliche Tageslichtsteuerung. Das Raumluftqualitätsmanagement regelt die Raumluft bedarfsgerecht. Damit wird sichergestellt, dass die Raumluft am Arbeitsplatz immer optimal ist. Bei der zeitlichen Tageslichtsteuerung ist auch der demografische Wandel zu berücksichtigen. Hierzu sind Tageslichtsteuerungen als Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, um mögliche Sehschwächen auszugleichen.
Auch auf dem Markt der Gerätetechnik sind Entwicklungen zu beobachten, die der Lüftungs- und Klimatechnik entgegenkommen. Hier gibt es unter anderem Bestrebungen, die Geräte so zu entwickeln, dass beispielsweise die Wrasen als Energie im Gerät verbleiben.
Generell bin ich sehr froh, dass immer mehr erkannt wird, dass Lüftungsanlagen in der Gastronomie für das Raumklima sehr wichtig und für einen Wohlfühlarbeitsplatz unerlässlich sind. Besonders spannend finde ich persönlich die bedarfsgerechte Erfassung sowie die Tageslichtsteuerung. Hier stellt sich die Frage, ob in Zukunft über Sensoren und/oder über Schaltungen geregelt wird. Es wird sich in den nächsten Jahren sicher noch einiges tun.

Vielen Dank, Herr Pillich.


CHRISTIAN PILLICH
Christian Pillich ist seit 17 Jahren Geschäftsführer der cp-Projektplanung GmbH und beschäftigt sich mit der Fachplanung von küchentechnischen Anlagen – angefangen von Fußbodenkonstruktionen über die Ausrichtung von Küchenanlagen, Kältetechnik, Kühlraumbau bis hin zu Abluftfangbereichen. Darüber hinaus ist Pillich als Sachverständiger für küchentechnische 
Anlagen tätig.
www.cp-projektplanung.de


Das vollständige Interview können Sie in KÜCHE 7/2024 lesen.