Kleine Warenkunde: Queller

Aus dem Meer: Queller passt hervorragend zu Pasta, Fisch, Meeresfrüchten oder Geflügel. Foto: Geogif/iStock/Getty Images
Sylvia Winnewisser 06.05.2024 MAGAZIN  |  Kochkunst

Der Meeresspargel gehört zu den Gänsefußgewächsen. Fuß fasst er am liebsten auf den salzreichen Marschen und Wiesen der Nordsee, auch steinige Küstengebiete an Atlantik und Pazifik bevorzugt das Gewächs, das der Gattung der Salicornia, Salzpflanzen, zugeordnet wird. In Frankreich heißt er deshalb auch Passe-Pierre (wächst durch Steine). Weitere Namen sind (Europäischer) Queller oder Salicorn. Ohne Salz kann die Pflanze nicht existieren.

KÜSTENSCHUTZ
Eine kleine Pflanze mit großer Wirkung. Nach ihrem Intermezzo in der Glasproduktion hat Queller heute neben ihrem noch jungen kulinarischen Auftritt in Gourmetrestaurants eine wichtige Aufgabe im natürlichen Küstenschutz. Da die Pflanze während ihres Wachstums den Boden entsalzt, wird sie vor allem in Küstenregionen zur Landgewinnung angepflanzt, so auch in den Niederlanden. Dort heißt das Kraut übrigens Zeekraal.

GLASSCHMELZ
Seit Millionen von Jahren auf der Erde heimisch, wurde er in Europa erstmals im 18. Jahrhundert von Carl von Linné beschrieben. Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Asche des Europäischen Queller vor allem zur Herstellung von Glas verwendet. Die Asche enthält nämlich bis zu 15 Prozent Soda, das beim Zusammenschmelzen von Glas unerlässlich ist. Daher findet man für den Queller auch Namen wie Glassschmelz oder -schmalz sowie Glaskraut.

KLEINER KAKTUS
Sein Aussehen gleicht einem Mini-Kaktus, da Queller an seinen mehrfach verzweigten grünen Stängeln kleine „Hörner“ ausbildet. Daher auch die botanische Bezeichnung stammsukkulente Salzpflanze. Um im Salzboden an Wasser zu kommen, reichert Queller Salzionen in den Zellen an. Diese wiederum müssen mit Wasser verdünnt werden. Die Salzkonzentration wird am Ende jedoch so hoch, dass sie nach etwa einem halben Jahr für die Pflanze tödlich ist.

ERNTEZEIT
Geerntet wird Queller als Wildgemüse von Mai bis etwa September. Am besten schmecken die jungen Triebe, da die älteren Stängel auch mal verholzen. Frischer Queller kann in ein Tuch gewickelt einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden. Er sollte jedoch erst kurz vor der Zubereitung gewaschen werden, da er durch Süßwasser weich wird. Der Geschmack ist leicht pfeffrig und natürlich salzig, mit einer säuerlichen Note.

IN DER KÜCHE
Aus dem Meer stammend, passt Queller besonders gut zu gedünstetem Fisch oder Meeresfrüchten, aber auch zu Geflügel, wobei auf das Salzen ganz verzichtet werden kann. Roh als Salat oder blanchiert wie „echter“ Spargel nur mit etwas zerlassener Butter übergossen, schmeckt Queller am besten. In Essig eingelegt punktet er als Vorspeise. Starkes Erhitzen macht ihn weich. Wegen des hohen Jodgehalts sollte man Queller nicht in großen Mengen verzehren.

EIGENER ANBAU
Der Eigenanbau von Salicornia – ein- oder mehrjährig – ist einfach. Die Samen (online bestellbar) gleichmäßig auf eine feuchte Mischung aus Sand, Blumenerde und Lehm streuen und mit wenig Sand bedecken. Zum Keimen brauchen sie Licht. Die Keimlinge erscheinen im Gewächshaus an der warmen Fensterbank bereits nach einem Tag. Dann können sie ins Beet ausgepflanzt oder im Gewächshaus belassen werden. Dem Gießwasser 1–2 Teelöffel Salz zugeben. 

REZEPT: QUELLER AUS DEM WOK
Pro Portion etwa 150 g Meeresspargel vorbereiten, verfärbte oder harte Stängel aussortieren. In etwas aufgeschäumter Butter in der Pfanne oder dem Wok kurz schwenken. Mit etwas Zucker, wenig Salz, Pfeffer und Cayennepfeffer abschmecken. Zuletzt mit Sesam bestreuen.
Quelle: Thomas Sixt