Jan Steffen kommt aus der Hotellerie und betreibt in Bremen die Personalmarketingfirma ETO. Im Interview mit unserer Redaktion spricht der Profi über Gehälter, Zusatzleistungen und Fangprämien im Gastgewerbe.
KÜCHE: Herr Steffen, was sagen Sie zu den sogenannten „Fangprämien“, mit denen Gastronom:innen zunehmend versuchen, Fachkräfte zu gewinnen?
JAN STEFFEN: Bei oberflächlicher Betrachtung ist dieses Denken reizvoll. Kurzfristig wird es in der Branche auch funktionieren. Man muss sich aber die Frage beantworten, aus welcher Motivation heraus sich jemand bewirbt: Hat er ein ernsthaftes Interesse, in dem Betrieb tätig zu sein? Oder überwiegt doch der monetäre Aspekt? Bei hohen Beträgen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Geld die Bewerber:innen treibt. Das bedeutet zugleich eine Empfänglichkeit für höhere Summen, die vielleicht künftig von einem anderen potenziellen Arbeitgeber geboten werden.
Der zweite Punkt, der bei der Diskussion um Fangprämien häufig übersehen wird: In der Pandemie halten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem Betrieb die Stange – für das Gehalt, das sie bekommen. Oft ohne Zusatzleistungen. Diese loyalen Mitarbeiter:innen sehen dann, dass jemand viel Geld bekommt, ohne etwas zum Mikrokosmos des Unternehmens beigetragen zu haben. Wir beobachten, dass unter solchen Umständen die Unzufriedenheit der vorhandenen Beschäftigten wächst. Gute Erfahrungen haben wir hingegen mit Empfehlungsprogrammen gemacht, bei denen Beschäftigte werben und dafür Prämien bekommen.
Was verstehen Sie unter guter Bezahlung im Gastgewerbe?
Die Wahrnehmungen und Empfindungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind sehr subjektiv. Deshalb gibt es hier keine allgemeine Formel. Die Bezahlung muss aber natürlich so sein, dass sie einen guten Lebensstandard sichern kann und perspektivisch über den Mindestlohn hinaus geht. Die Löhne in der Gastronomie und Hotellerie sind nur bedingt wettbewerbsfähig. Das darf man nicht vergessen. Wenn ich mir anschaue, wie aggressiv und professionell andere Branchen um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gastgewerbe buhlen und welche sehr wettbewerbsfähigen Gehälter sowie Zusatzleistungen sie bieten, dann muss sich jeder Unternehmer, jede Unternehmerin damit auseinandersetzen, wie er seine Beschäftigten langfristig für das Tun begeistern kann.
Was spricht aus Ihrer Sicht besonders für das Arbeiten im Gastgewerbe?
Für das Arbeiten im Gastgewerbe spricht einiges. Es handelt sich um ein People Business, in dem ich immer Kontakt mit Menschen habe. Gleichzeitig muss zum Beispiel beim Koch, bei der Köchin die handwerkliche Ebene abgedeckt werden. Diese Kombination aus Mensch und Handwerk finde ich persönlich sehr überzeugend. Was auf jeden Fall dazu kommt, ist die hohe Verantwortung, die die Menschen im Gastgewerbe tragen. Wir müssen uns vor Augen halten: Wir erbringen Dienstleistungen, die sich nicht wiederholen lassen. Ist ein Abend verschwendet, ist und bleibt er das.
Vielen Dank für das Gespräch.
ONLINE-UMFRAGE
Was sagen Sie: Sind Prämien eine gute Option, um etwa Köchinnen und Köche als Arbeitnehmer zu gewinnen?