Seit der Ausstrahlung von „Kitchen Impossible“ am 22. März auf VOX dürfte Thorben Grübnau als Küchenchef des Ahrenshofs mit seinem Rezept der Ammerländer Mockturtlesuppe deutschlandweit bekannt sein. In der Köcheszene hat sich der sympathische Teammanager der Regionalmannschaft Niedersachsen nicht nur bei internationalen Kochwettbewerben längst einen Namen gemacht. Wir haben mit dem 39-Jährigen über die Kunst der kalten Plattenschau und seinen Einsatz als „IKA-Rookie“ gesprochen.
KÜCHE: Herr Grübnau, Sie waren auf der IKA 2020 unter anderem als „Rookie“ im Einsatz. Was versteht man darunter genau?
THORBEN GRÜBNAU: Ein Rookie ist ein Jury-Anfänger. Bevor man in die Jury des Weltverbandes der Köche berufen wird und bei internationalen Wettbewerben wie der IKA andere Köche bewerten darf, muss man an einem Juryseminar des WACS teilnehmen und dann die ersten ein oder zwei Wettbewerbe als Rookie neben den erfahrenen Juroren mitlaufen. Dabei bewertet man ganz normal mit, aber die Punkte, die man an die Wettbewerbsteilnehmer vergibt, sind nicht scharf geschaltet. Man schaut also erst einmal, wie die erfahrenen Juroren bewerten und worauf sie achten.
Haben Sie sich für die Jurytätigkeit extra beworben?
Ich bin angefragt worden, weil ich über 20 Jahre Wettbewerbserfahrung habe und alle wichtigen Wettbewerbskategorien der IKA selbst schon einmal mitgemacht habe – vom Einzelaussteller, über die Regionalmannschaft bis zur Köchenationalmannschaft. Ein Juror für eine Veranstaltung auf dem Niveau einer IKA, der sollte schon wissen, wie sich die Wettkampfteilnehmer fühlen – und natürlich muss er auch das Handwerk ein Stück weit beherrschen, um in der Lage zu sein, die Dinge beurteilen zu können. Das sind die Grundvoraussetzungen.
Die IKA-Jury ist in Teams eingeteilt. Wo genau waren Sie eingesetzt?
Ich bin in die Jury für die Regionalmannschaften eingeteilt worden, also die kalte Plattenschau. Unsere Jury besteht aus vier Juroren Culinary Art und zwei Patissiers für Pastry Art, also sechs hauptamtliche Juroren und zwei Rookies. Ich fühle mich hier sehr wohl, weil ich in meiner Wettbewerbskarriere bei den großen internationalen Wettbewerben viel mit der kalten Küche zu tun hatte. Ich habe schon 13 oder 14 Tische gebaut, wenn ich meinen Einsatz auf vier Kocholympiaden und dreimal Luxemburg mit den kleineren Wettbewerben zusammenrechne. Das ist ein Steckenpferd von mir – ich liebe die kalte Plattenschau!
Was fasziniert Sie an der kalten Plattenschau?
Ich erkläre das mal an einem Beispiel aus dem Pferdesport. Bei der warmen Küche ist das wie bei einem Pferderennen. Alle rennen gemeinsam los, wer als erster ins Ziel kommt, der hat gewonnen. Man hat ein Zeitfenster, in dem man etwas produzieren muss, danach wird abgeliefert. Die kalte Plattenschau ist eher das Dressurreiten. Beim Dressurreiten muss das Pferd von links nach rechts, geradeaus, zwei zurück, einer vor. Die kalte Plattenschau ist ein technisch unheimlich hoch aufgehängter Wettbewerb, in dem man sein Pferd, um bei dem Bild zu bleiben, sehr gut beherrschen, in dem man Formen und Figuren fahren muss.
Die kalte Plattenschau ist also anspruchsvoller als die warme Küche?
Der fachliche Inhalt, der in der Plattenschau drinhängt, ist sehr hoch. Ich kann etwas nur kalt darstellen, wenn ich in der Lage bin, es auch warm zu kochen. Ich finde, es ist technisch einer der hochwertigsten Wettbewerbe. Die Tische werden ja zuhause produziert, da kann man natürlich viel mehr auf die Teller setzen, mehr Komponenten, mehr Inhalte liefern als im begrenzten Zeitfenster der warmen Küche. Ich will die warme Küche nicht in Frage stellen, sie hat auch ihre Tücken. Aber ich kann dort nicht so viele fachlichen Dinge abrufen wie auf dem kalten Tisch. Und das ist natürlich als Lerneffekt bei einem internationalen Wettbewerb wie der IKA gut für die jungen Kollegen. Die bekommen hier fachlich nochmal richtig was mit auf den Weg. Das präzise Arbeiten auf dem Tisch, wenn ich das zuhause nicht kann, dann brauche ich es in der warmen Küche erst gar nicht versuchen.
Und es werden natürlich auch Trends gesetzt ohne Ende. Die kalte Plattenschau ist so was wie die Entwicklungsabteilung der Wettbewerbe hier. Da werden die Innovationen rausgeholt. Das Fingerfood war zum ersten Mal im kalten Bereich auf einer Olympiade und ist dann erst in die warme Küche gewandert. Darum ist der Wettbewerb aus meiner Sicht auch so relevant.
Und wie sieht es mit aktuellen Trends in der kalten Plattenschau aus?
Die kalte Plattenschau steht ja ein Stück weit in Verruf, dass sie sehr viel Lebensmittel verschwendet. Die Tische, die wir hier gesehen haben, da gab es verschiedene Teams, die sich dieses Themas angenommen haben. Sie haben nicht nur wahllos Schauplatten kreiiert, sondern Abschnitte, die sie für das eine Gericht nicht verwendet haben, in ein anderes eingebaut, sodass möglichst wenig Abfall entstanden ist. Und was ich auch sehr schön finde, ist, dass wir wegkommen von dem Trend, immer noch mehr zu wollen, hin zu einer wieder natürlicheren Darstellungsweise der Gerichte. Heute sind hier wieder Gerichte zu sehen, die könnte ich so auch in einem Restaurant anbieten, weil sie nicht so überlagert sind. Es ist nicht mehr jede Komponente gefüllt, gerollt, gewickelt. Das gibt es nur noch punktuell.
Jetzt haben Sie als Teammanager des Regionalteams Niedersachsen nicht nur bei der IKA 2020 mit einer Bronzemedaille gezeigt, dass Sie auch in der warmen Küche zuhause sind. Bei Kitchen Impossible – Tim Mälzer gegen Steffen Henssler – bringen Sie Promikoch Mälzer beim Nachkochen eines Regionalgerichts ganz schön ins Schwitzen. So ganz unter uns – was ist das Geheimnis Ihrer Ammerländer Mockturtlesuppe?
Meine Mockturtlesuppe habe ich über Jahre perfektioniert. Durch Zugabe der eigenen Worcester-Sauce entsteht ein in der Aromatik komplett neues Gericht. Ein geschulter Gaumen findet bei jedem Löffel neue Geschmäcker, die fein in das Gesamtbild eingearbeitet sind. So ein Essen kann man nur durch die Beherrschung des Handwerks kochen – nicht mithilfe oberflächlicher moderner Arbeitstechniken oder Geräte. Für mich ist die Mockturtle ein Musterbeispiel für die Renaissance des guten Geschmacks.
Vielen Dank für das Gespräch.
THORBEN GRÜBNAU
Jahrgang 1980
Nach seiner Kochausbildung im Akzent Hotel Voss in Westerstede kochte Thorben Grübnau Anfang der 2000er-Jahre u.a. im Gourmet Restaurant Kalaboush in Lüsche, bevor er sich 2007 mit „The Classic Cooking“, einem Unternehmen für Event-Catering, selbstständig machte. Seit 2016 arbeitet er als Küchenchef im Restaurant Der Ahrenshof in Bad Zwischenahn. In den letzten 20 Jahren war Grübnau wiederholt auf der IKA im Team der Regionalmannschaft Niedersachsen und der Köche-Nationalmannschaft erfolgreich. 2016 gewann er in Erfurt mit der Nationalmannschaft zwei Goldmedaillen. Seit 2016 ist der 39-Jährige Teammanager der Niedersachsen.