15 Gault-Millau-Punkte, erster Michelin-Stern und jetzt der Titel Koch des Jahres 2021: Der sympathische Schweizer Fabio Toffolon ist eindeutig auf Erfolgskurs. Seine jüngste Auszeichnung erkochte er sich im Oktober auf der Anuga in Köln.
Sieben Stunden pure Konzentration und höchstes Kochhandwerk legten die sechs Finalisten des Wettbewerbs „Koch des Jahres“ an den Tag, um sich am 11. Oktober auf der Anuga in Köln den prestigeträchtigen Titel zu erkochen. Aus über 300 Bewerberinnen und Bewerbern der DACH-Region überzeugte besonders ein Anwärter die Jury unter Vorsitz von Dieter Müller: Fabio Toffolon, Küchenchef im „Zum Äusseren Stand*“ in Bern, begleitet von seinem Assistenten Fabian Dierauer.
Ein Drei-Gänge-Menü für fünf Personen zuzubereiten, war hier die große Herausforderung, die der 32-jährige Schweizer erfolgreich meisterte. Spitzenköchin Julia Komp, die die Menüs live auf der Bühne verköstigt hatte, zeigte sich beeindruckt: "Sein Menü hat mich einfach von vorne bis hinten begeistert. Alle drei Gänge waren durchweg ausgezeichnet und handwerklich einwandfrei. Was mir besonders positiv aufgefallen ist, war die Säure in jedem Gericht. Das gab dem Ganzen etwas Pfiffiges, Frisches und Leichtes, das einem in Erinnerung bleibt.“
Auf dem zweiten Platz folgte Yann Bosshammer, Sous-Chef im Opus V** in Mannheim, auf dem dritten Stephan Haupt (siehe KÜCHE 10/2021), Sous-Chef Restaurant Ente* im Nassauer Hof in Wiesbaden.
Intuitive Menüplanung
Eine besondere Schwierigkeit, der sich Gewinner Fabio am Finaltag stellte, waren folgende Challenges für das Menü: Für die Vorspeise galt es, ein veganes Gericht auf die Teller zu bringen, das sowohl Hülsenfrüchte als auch Datteln beinhaltet. „Als ich von der Vorspeise erfahren habe, musste ich etwas mehr schlucken als bei den anderen Gängen – Datteln sowie vegane Küche sind nicht gerade alltäglich für mich“, erzählt Fabio Toffolon. Nach kurzer Bedenkzeit stand das Menü aber ziemlich schnell fest: „Die Ideen kamen einfach intuitiv über mich.“
Als Vorspeise servierte Toffolon blanchierte Stangenbohnen und fermentierte Sojabohnenpaste, die er mit Datteln als Creme, einem Bohnensalat und würzigem Miso anrichtete. Die Hauptspeise stand unter dem Motto Kalbfleisch: Verarbeitet werden sollten laut Wettbewerbsbedingungen vier Teile vom Kalb, davon zwei Innereien. Toffolon präsentierte Kalbsrücken, Tatar vom Filet, Milke (Kalbsbries) sowie Leber im Dim Sum, dazu gebratene Poveraden und Zwiebelgewächse mit einer Ponzu-Vinaigrette.
Beim Dessert galt es, fünf Komponenten zu vereinen: etwas Cremiges, Eisiges, Fruchtiges, Gebackenes und Warmes. Cremig, warm und gebacken? Das schreit geradezu nach Wasabi-Soufflé, serviert mit Kokosschaum, Mango-Passionsfrucht-Ragout sowie einem Passionsfruchtsorbet, welches Fabio im Vorfeld am meisten Kopfzerbrechen bereitete. „Das war die Komponente, für die ich am meisten trainiert habe. Da geht es um Sekunden. Hätte ich das Soufflé vermasselt, wäre ich sicher chancenlos gewesen“, erzählt Fabio, der an sich selbst die größten Erwartungen stellte.
Ein Zwilling kocht selten allein
Dass er als Gewinner zurück in die Schweiz fahren sollte, hatte sich der Küchenchef erhofft, aber nicht ausgemalt. Dabei bleibt der Titel nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der Familie: Fabio Toffolon tritt nämlich in die Fußstapfen seines Zwillingsbruders und Koch des Jahres 2019, Dominik Sato. „Der Titel ist natürlich eine wunderschöne Geschichte für uns – also nicht nur für uns Schweizer, sondern auch für unsere Familie. Das ist wie die Kirsche auf der Sahnehaube“, erzählt Toffolon ein wenig stolz.
Dass den Zwillingsbrüdern das Kochen im Blut steckt, ist kaum zu übersehen. Bereits der Großvater der beiden war ein passionierter Hobbykoch und weckte mit seinen traditionellen italienischen Gerichten auch in seinen Enkeln die Leidenschaft für das Kochen. „Durch ein Schülerpraktikum hat es mich dann gepackt“, erzählt Fabio. Nachdem er seine Lehre im Restaurant Beckenburg in Schaffhausen absolviert hatte, folgten Stationen in namenhaften Sternehäusern, wie zum Beispiel im Restaurant Victor’s Fine Dining*** by Christian Bau in Hennig oder im Restaurant Ecco** in St. Moritz.
Seit 2019 ist der gebürtige Schaffhausener selbst Küchenchef im Restaurant „Zum Äusseren Stand*“ in Bern. Dort wurden Talent und Fleiß des 32-Jährigen schnell gewürdigt. Kein halbes Jahr, nachdem Fabio seine Stelle angetreten hatte, wurde seine Küche mit einem ersten Michelin-Stern und 15 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet.
Was Toffolons Küche ausmacht? Als Küchenchef legt er großen Wert auf qualitativ hochwertige Produkte und gutes Handwerk, besonders bei den Saucen, auf die das Team spezialisiert ist. „Unsere Produkte haben zwar Spitzenqualität, aber die Menüs sollen noch bezahlbar sein. Das heißt, es muss nicht der teure Steinbutt sein, wenn es auch ein hervorragender Schweizer Zander sein kann. So wollen wir auch jüngere Menschen ins Lokal locken, die vielleicht nicht bereit sind, viel Geld für ein Menü auszugeben“, erklärt der Küchenchef. Seinen Küchenstil beschreibt er selbst als klassisch, modern und zeitlos mit einem asiatischen Einschlag.
Was die Zukunft angeht, träumt Fabio von einem zweiten Stern. Ein eigenes Restaurant gemeinsam mit Zwillingsbruder Dominik zu eröffnen, sei eine schöne Vorstellung, zurzeit fühle er sich aber auch in einem Angestelltenverhältnis sehr wohl. Bis dahin genießt Fabio Toffolon seinen Titel „Koch des Jahres 2021“ und verzaubert mit seinen Kreationen die Gäste im „Zum Äusseren Stand“.
Mehr zu Fabio Toffolon finden Sie in KÜCHE 11/21.