Die moderne Krankenhausküche

Enrico Jensch: "Die Patientinnen und Patienten erwarten mehr Auswahl, Nachhaltigkeit und Regionalität beim Speisenangebot." Foto: Helios Health
Enrico Jensch 06.07.2022 MAGAZIN  |  Küchenmanagement

Enrico Jensch, Chief Operating Officer (COO) bei Helios Health, über die Folgen der Corona-Pandemie und was eine zeitgemäße Krankenhausverpflegung ausmacht.

Durch die Pandemie und die damit verbundenen Hygienemaßnahmen ist der Prozess der Speisenversorgung etwas aufwendiger geworden. So muss beispielsweise separates Geschirr auf den Covid-19-Stationen verwendet werden. Auch direkte Serviceleistungen wie zum Beispiel das Erfassen der Menüwünsche und das Servieren der Speisen sind unter den Hygieneregeln wesentlich schwieriger zu erbringen. Sogenannte Buffetstationen, wie wir sie zum Beispiel auf den Geburtenstationen haben, mussten auf Einzelportionierung umgestellt werden. Das geht leider auch mit weniger Service für die Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen einher.

Von den Einschränkungen in der Gastronomie waren ferner unsere Cafeterien betroffen, in denen sich ebenfalls Patientinnen und Patienten und Besucherinnen und Besucher zusätzlich verpflegen konnten. Darüber hinaus erkrankten unsere Beschäftigten an Covid-19 oder sind in Quarantäne, sodass wir nicht immer über die volle Personalstärke verfügen konnten und können. Auch die Arbeitsbedingungen sind für unsere Beschäftigten unter den Pandemiebedingungen, zum Beispiel den AHA-Regeln, deutlich schwieriger. Dazu kommen die Sorgen und die mentale Belastung, sich mit dem Virus anzustecken.

Webshops und verbessertes Speisenangebot
Unabhängig von der Pandemie ist generell die Digitalisierung der Prozesse im Catering ein wichtiger Punkt, um die Serviceangebote für die Gäste zu verbessern und die Prozesse in der Küche zu optimieren. Dazu gehören zum Beispiel Webshops mit zusätzlichen Angeboten oder mehr webbasierte Angebote von Speisen. Letzteres hat durch die Kontaktbeschränkungen deutlich zugenommen.

Wir fragen mittlerweile mehr nach den Bedürfnissen unserer Patientinnen und Patienten. Dadurch bekommen wir einen guten Einblick in die Dinge, die wir bereits gut machen und bei denen wir noch Potenzial haben. 

Die Patientinnen und Patienten erwarten mehr Auswahl, Nachhaltigkeit und Regionalität beim Speisenangebot. Vegetarische und vegane Speisen werden immer mehr nachgefragt. Diesen Bedürfnissen wollen wir vollumfänglich nachkommen. Aus dem Grund haben wir die neue Position des Leiters Quality, Sustainability and Culinary Development geschaffen und mit dem Sternekoch Hendrik Otto besetzt. Mit ihm arbeiten wir bereits seit über zwei Jahren in dem Projekt „6 Köche, 12 Gerichte“ eng zusammen. Bereits in dem Projekt hat er viele neue Impulse gesetzt und uns als Klinikbetreiber ein gutes Stück vorangebracht. Hendrik Otto bringt Erfahrungen mit in unser Unternehmen, von denen wir alle – vor allem unsere Patientinnen und Patienten – nur profitieren können. Denn mit seinem beruflichen Hintergrund sieht er die Details, auf die es eben ankommt.

Service ist die Qualität von morgen
Einen Trend zu einer Verlagerung zu externen Dienstleistern können wir nicht beobachten. Die Schließung von Krankenhausküchen erfolgt nur, wenn durch Zentralisierung und Standardisieren wesentliche Verbesserungen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten erreicht werden können, zum Beispiel bei der Qualität, der Auswahl oder der Hygiene.

Die Erwartung der Patientinnen und Patienten geht aber eher in Richtung Nachhaltigkeit und Regionalität und dadurch zu mehr Eigenverantwortung. Wie sollte das Profil einer modernen, zukunftsfähigen und wettbewerbsbereiten Krankenhausküche aussehen, die die Zeichen der Zeit erkannt hat? Service ist die neue Qualität von morgen – Nachhaltigkeit und Regionalität werden wieder mehr gefragt. Die Versorgung von Patientinnen und Patienten muss deren Bedürfnissen gerecht werden. Die Zufriedenheit dieser Menschen – unserer Kundinnen und Kunden – ist unser oberstes Gebot.

Große Angebotsvielfalt und gute Qualität der Speisen sind ein Teil der Servicephilosophie eines Krankenhauses. Alle Prozesse und Produkte sollten zunehmend nachhaltig und ökologisch gestaltet werden. Die kompetente Umsetzung von ärztlich verordneter Sonderkost und die beratende Betreuung der Patientinnen und Patienten mit ernährungsbedingten Krankheiten bleiben auch zukünftig wichtiger Bestandteil von Krankenhausküchen. Außerdem muss die Speisenversorgung strikt den Regelungen zur Lebensmittelhygiene entsprechen, um Risiken für die Essensteilnehmenden auszuschließen.

Automatisierung technischer Prozesse
Die Mitarbeitenden in der Krankenhausgastronomie sollten durch ihre persönliche Kompetenz und ihr fachliches Know-how zum positiven Service-Gesamteindruck einer Klinik und damit maßgeblich zur Zufriedenheit unserer Patientinnen und Patienten sowie der Gäste beitragen. Wirtschaftliche Aspekte – wie Vermeidung von Food Waste, Einhalten von Budgets und effiziente Ressourcenplanung – sind natürlich auch zukünftig unabdingbar. Diese unterliegen dazu noch zunehmend den Anforderungen nach Nachhaltigkeit des Betriebes in der Küche. 

Um das alles täglich gewährleisten zu können, müssen die Prozesse in einer Krankenhausküche klar standardisiert und dafür digitalisiert werden. Damit wird auch die Automatisierung von technischen Prozessen oder sogar Robotik Einzug in die Küchen von morgen halten. Zukünftig werden zusätzliche Angebote über digitale Plattformen für mehr erlebbaren Service bei den Patientinnen und Patienten, den Mitarbeitenden und Gästen sorgen.

Darüber hinaus darf aber der individuelle Charakter der „Küche in einem Krankenhaus“ nicht verloren gehen. Der macht sich besonders bei der Zusammenarbeit und der Dienstleistung mit den anderen Abteilungen einer Klinik fest, zum Beispiel Pflegedienst und den individuellen Serviceleistungen für Patienten, wie das Erfüllen spezieller Wünsche. Der direkte persönliche Kontakt des Küchenteams zu den Patientinnen und Patienten bleibt wesentlicher Servicebestandteil in einem Krankenhaus.


ÜBER ENRICO JENSCH
Enrico Jensch, Chief Operating Officer (COO) bei Helios, wechselte nach dem Studium der Rechtswissenschaften und einem Abschluss als „Krankenhausbetriebswirt (VKD)“ 2003 in den Klinikbereich. Dort war er zunächst als Leiter Personal und Organisation des Humaine Klinikums tätig, das in den Helios-Verbund integriert wurde. Ab 2007 arbeitete er sechs Jahre als Helios- Regionalgeschäftsführer, bevor er ab 2015 Managing Director International wurde. Seit 2018 verantwortet Enrico Jensch als Geschäftsführer das operative internationale Geschäft von Helios. Mit mehr als 28.300 stationären Betten, rund 53.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 5,9 Milliarden Euro ist Helios Deutschlands größter Krankenhauskonzern.

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