Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) warnt eindringlich vor risikobehafteten Lebensmitteln, da diese schwere Erkrankungen auslösen können. Wir haben den Präsidenten des BVL, Herrn Dr. Helmut Tschiersky, dazu befragt.
KÜCHE: Herr Dr. Tschiersky, aus dem von Ihnen geleiteten Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hieß es unlängst, dass neben Krankenhäusern auch viele Alten- und Pflegeheime ihre Bewohner unnötigen gesundheitlichen Risiken bei der Verpflegung aussetzen. Was meinen Sie damit konkret?
Dr. Tschiersky: Oft stehen risikobehaftete Lebensmittel auf dem Speiseplan. Feinkostsalate, streichfähige Rohwurst, Weichkäse mit Oberflächenschmiere, Räucherfisch und Tiefkühlbeeren gehören zu den Lebensmitteln, die unter Umständen mit Keimen belastet sein können. Somit können sie bei empfindlichen Personengruppen schwere Infektionskrankheiten auslösen. Doch nur zehn Prozent der Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhaus- und Kultureinrichtungen verzichten ganz auf solche Risikolebensmittel. Das ist erschreckend.
Woher haben Sie diese Informationen?
Das ergaben bundesweite Untersuchungen der Überwachungsämter aus dem Jahr 2017, die das BVL im Dezember 2018 vorgestellt hat.
Wie hoch schätzen Sie das Erkrankungsrisiko demnach tatsächlich ein?
Dass risikobehaftete Lebensmittel Krankheitsausbrüche auslösen können, zeigen Daten, die dem BVL vorliegen. Bei jeder achten Probe streichfähiger Rohwurst (12,2 Prozent), die für das Zoonosen-Monitoring 2017 untersucht wurde, fanden die Kontrolleure Listerien-Bakterien. Diese können bei Vorerkrankungen schwere Erkrankungen auslösen. Im gleichen Zeitraum wurden 389 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche an das Robert-Koch-Institut und das BVL gemeldet. Darunter waren 49 Ausbrüche, deren Ursache sicher bestimmt werden konnte. Neun dieser Ausbrüche (also 18,4 Prozent) betrafen Schulen, Kantinen und Pflegeheime.
Welche Erklärung haben Sie für den Umgang mit diesen Risiken?
Das Bewusstsein für risikobehaftete Lebensmittel muss deutlich zunehmen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte bereits 2011 Handlungsempfehlungen zum Schutz besonders empfindlicher Personengruppen vor Lebensmittelinfektionen herausgegeben, die es jährlich aktualisiert. Bei den bundesweiten Untersuchungen 2017 kannten nur 45 Prozent der kontrollierten Einrichtungen diese Empfehlungen.