Neue Mitarbeiter über die klassische Stellenanzeige in einer Zeitung oder Zeitschrift zu finden, funktioniert heute kaum noch, denn vor allem junge Menschen nutzen Printmedien immer seltener – stattdessen sind sie lieber in sozialen Netzwerken unterwegs. Wie Arbeitgeber sie dort für ihre Stellenangebote begeistern können, verrät Social-Recruiting-Experte Marcel Waldmann im Interview.
KÜCHE: Herr Waldmann, was genau ist Social Recruiting und welche Vorteile hat es gegenüber anderen Strategien der Personalgewinnung?
MARCEL WALDMANN: Social Recruiting ist kurz gesagt die Rekrutierung von neuem Personal über Social-Media-Plattformen. Der größte Vorteil von Social Recruiting ist, dass man potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genau dort erreicht, wo sie sich ohnehin jeden Tag aufhalten. Knapp 68 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Social Media, im Durchschnitt 1 Stunde und 39 Minuten täglich, quer durch alle Altersgruppen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man bei Social-Media-Kampagnen nicht nur mit Text arbeiten kann, wie in Print-Stellenanzeigen oder auf den einschlägigen Jobportalen, sondern als Arbeitgeber sein Unternehmen und seine Benefits auch mit Fotos und Videos präsentieren kann. Außerdem erreicht man mit Social Recruiting auf den verschiedenen Social Media Kanälen auch Menschen, die gerade nicht aktiv auf Jobsuche sind, sich aber vielleicht von der Kampagne angesprochen fühlen und sich dann doch für einen Jobwechsel entscheiden.
Welche Voraussetzungen braucht zum Beispiel ein Arbeitgeber aus dem Gastgewerbe, um erfolgreich Social Recruiting betreiben zu können?
Die erste und wichtigste Voraussetzung ist, dass man als Arbeitgeber einen eigenen Social-Media-Kanal hat, zum Beispiel auf Instagram. Für die Social-Media-Kampagne muss man zudem ein Werbekonto einrichten, um bezahlte Werbung schalten zu können. Außerdem braucht man eine eigene Website, die sogenannte Karriereseite, auf die die Social-Media-Werbung verweist. Fotos und Videos, die das eigene Unternehmen und die Mitarbeiter möglichst authentisch präsentieren, sind ebenfalls wichtig, denn sie erhöhen die Chance, die offene Stelle passend besetzen zu können. Ein einmal gedrehtes Recruiting-Video kann durchaus immer wieder für die Personalsuche eingesetzt werden.
Und wie geht man am besten Schritt für Schritt bei einer Social-Recruiting-Kampagne vor?
Das Wichtigste ist, eine Strategie zu entwickeln. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass wir uns heute auf einem Arbeitnehmermarkt befinden, das heißt, ICH als Arbeitgeber muss mich bei den potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewerben und nicht umgekehrt. Ich sollte mich also fragen: Welche Werte möchte ich vermitteln? Was kann ich meinen Mitarbeitenden bieten? Der nächste Schritt ist dann der Dreh des sogenannten Recruiting-Films, der zwischen einer und drei Minuten lang sein sollte. Mit diesem Film kann man viel mehr Inhalte transportieren als mit einer einfachen Stellenanzeige. Wenn meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Video sagen, dass sie gerne bei mir arbeiten, kommt das viel authentischer rüber, als wenn in einer Stellenanzeige nur „tolles Betriebsklima“ steht. Danach folgt die Einrichtung des Werbekontos, um eine bezahlte Recruiting-Kampagne schalten zu können.
Welche Fehler sollte ein Arbeitgeber, der zum Beispiel dringend Verstärkung für sein Küchenteam sucht, beim Social Recruiting unbedingt vermeiden?
Was gar nicht mehr geht, ist zum Beispiel diese Art der Ansprache: Weißer Hintergrund, darauf in schwarzer Schrift der Satz: „Wir suchen dich als Koch!“. Und dazu oben in der Ecke abgebildet eine Pistole. Ein weiterer Fehler wäre, auf bezahlte Werbung zu verzichten, also keine Kampagne zu starten, sondern einfach auf Instagram zu posten, dass man Personal sucht. Genauso falsch wäre es, sich die bereits erwähnte Karrierewebsite zu sparen, denn dann klicken potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zwar auf meine Kampagnenwerbung, kommen von dort aber nicht weiter auf meine Website, um sich zu bewerben, und gehen mir somit verloren.
Vielen Dank, Herr Waldmann.
MARCEL WALDMANN
Marcel Waldmann ist fasziniert von den vielfältigen Möglichkeiten und Chancen, die Social-Media-Plattformen Unternehmen bieten. Im Jahr 2023 gründete er Waldmann Media, eine auf Hotellerie und Gastronomie spezialisierte Social-Media-Agentur. Er berät seine Kunden, wie sie ihre Sichtbarkeit im Netz erhöhen können, um so unter anderem neue Gäste und qualifizierte Mitarbeitende für ihr Unternehmen zu gewinnen. Marcel Waldmann wurde 2022 mit dem German Influencer Award in der Kategorie „Fotografie“ ausgezeichnet.