Internorga 2022: Claudia Johannsen im Interview

Internorga 2022: Nach pandemiebedingter Zwangspause öffnet die Internorga Ende April erstmals wieder ihre Tore in Hamburg - Foto: Hamburg Messe und Congress GmbH/Michael Zapf
Petra Münster 07.03.2022 Konzepte  |  News

In wenigen Wochen öffnet die Internorga nach drei Jahren erstmals wieder ihre Tore für Aussteller:innen und Besucher:innen. Wir haben Claudia Johannsen,  Geschäftsbereichsleiterin der Hamburg Messe und Congress GmbH, zum Neustart in 2022 interviewt.

Interview Petra Münster

KÜCHE: Frau Johannsen, nach drei Jahren, in denen die Internorga wegen der Corona-Pandemie nicht als Präsenzmesse stattfinden konnte, sollte sie eigentlich im März erstmals wieder an den Start gehen. Der Messetermin musste jedoch erneut verschoben werden – auf den Zeitraum 30. April bis 4. Mai 2022. Wie sicher sind Sie, dass die Internorga zum neuen Termin tatsächlich stattfinden kann?
CLAUDIA JOHANNSEN: 
Sehr sicher. Das ist auch kein Zweckoptimismus. Diese ganzen Lockerungsdiskussionen nehmen Fahrt auf, weil die Omikron-Variante nicht ganz den Schrecken verbreitet wie die Varianten davor. Wenn man die Berichterstattung hört und liest, dann ist es ja tatsächlich so, dass diese Variante mildere Verläufe hat. Und insofern sind wir sehr sicher, dass wir Ende April stattfinden können. Ich persönlich hatte auch den Märztermin schon für möglich gehalten. Das war aber angesichts der Planbarkeit einer solchen Messe zu dem damaligen Zeitpunkt, also Mitte Januar, als wir uns entschieden haben zu verschieben, für viele noch zu ungewiss. Gerade die Aussteller, die große Stände haben, hätten dann spätestens Ende Januar, Anfang Februar verbindliche Aussagen ihren Dienstleistern gegenüber treffen müssen. So eine Messe hat einen langen Vorlauf. Und insofern haben wir uns dann mit dem Aussteller-Beirat beraten und entschieden, dass wir um sechs Wochen verschieben.

Auf die Verschiebung des Messetermins ausgerechnet auf Ende April gab es allerdings nicht nur positive Reaktionen. Was sagen Sie den Kritikern?
Der Termin ist nicht so optimal wie der Termin im März vor Saisonstart, das ist uns auch klar. Aber die ganzen Signale, die wir aus sämtlichen gastronomischen Bereichen bekommen haben, zeigen, dass der Wunsch nach einer Präsenzveranstaltung sehr groß ist. Man möchte sich endlich wieder persönlich treffen und darüber informieren, was es Neues gibt – was dabei helfen kann, mit den Herausforderungen der Zeit besser umzugehen. Es sind auch fünf Tage Internorga und ich denke, wer Interesse hat, der wird es schaffen, auch diesen Termin an ein bis zwei Tagen möglich zu machen.

Sie haben also nicht vor, den angestammten Internorga-Termin im März auch künftig zu verschieben?
Nein. Der Märztermin ist der beste Termin – und an dem werden wir auch für die Zukunft festhalten.

„ES GIBT VIELE DINGE, DIE WIR IN DEN LETZTEN
JAHREN VOR DER PANDEMIE ALLE MITEINANDER
GUT GEMACHT HABEN UND DIE ERFOLGREICH
WAREN. ABER ES GIBT AUCH UNGLAUBLICHE
HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT.“

Claudia Johannsen

Jetzt wird die Pandemie auch Ende April noch nicht vollständig überwunden sein. Wie sorgen Sie für ein sicheres Messeerlebnis?
Unser Hygienekonzept wird an den jeweiligen Stand angepasst. Wir sind bestens ausgerüstet für 2G, 2G-Plus oder für Maskenpflicht. Was ich natürlich hoffe, ist, dass auch das Thema 2G oder 2G-Plus möglicherweise dann schon erledigt ist. Wir haben Kontrollen – man muss sich vorregistrieren. Wir werden darauf achten, dass keiner das Gelände betritt, der nicht in diese Regelungen fällt. Wir haben die letzten zwei Jahre auch für Investitionen in Hygienemaßnahmen genutzt.

Welche sind das genau?
Wir haben Lichtkonzepte, die antiviral sind, und wir haben viel Geld in unser Belüftungssystem investiert. Die Aussteller werden auf ihren Ständen ebenfalls dafür sorgen, dass alles nach den gastronomischen Regeln abläuft. Die meisten Stände haben ja, wie bei der Internorga üblich, Bewirtung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Hygienekonzept passt. Wir hatten hier vor drei Wochen eine Veranstaltung auf dem Gelände, die reibungslos funktioniert hat. Aber wie gesagt, wir passen natürlich die Hygieneregeln den dann gültigen Verordnungen an und die ändern sich ja im Vier-Wochen-Rhythmus.

Mit wie vielen Ausstellern rechnen Sie denn in 2022 im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit?
Also 2019 war ein Rekordjahr, 2020 wäre noch drüber gewesen. Das mussten wir dann ja vier Wochen vorher leider absagen. Die Ausstellerzahlen sind noch nicht auf dem Niveau von 2019, sie liegen aber auch nicht dramatisch drunter. Es sind die großen Firmen dabei. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Aussteller, der aus wirtschaftlichen Gründen dieses Jahr leider auf dem Messeauftritt verzichten muss. Aber es wird eine sehr gute, abwechslungsreiche Internorga werden. Das können wir versprechen.

Und was steckt hinter dem neuen Hallenkonzept?
Mit dem neuen Hallenkonzept haben wir die einzelnen Themenbereiche stringenter zusammengefasst. Die meisten Besucher kommen ja mit einer konkreten Vorstellung, was für ein Produkt oder welchen Aussteller sie sehen wollen. Sie haben nicht mehr so viel Zeit, sich durch die Hallen zu suchen, sondern sie wollen erst einmal ihre Agenda abarbeiten. Das können sie jetzt viel besser. Ein weiterer Vorteil ist, dass jeder Themenbereich der Internorga nun einen eigenen Eingang hat. Man muss sich also nicht mehr durch die halbe Messe arbeiten, wenn man eigentlich nur Küchentechnik oder Nahrungsmittel und Getränke sehen will. Für den Besucher wird die Messe also sicher effizienter.

Die Internorga 2022 steht unter dem Leitgedanken „Zurück in die Zukunft“. Was ist damit genau gemeint?
„Zurück in die Zukunft“ soll verdeutlichen, dass wir Altbewährtes fit machen müssen für die Zukunft. Es gibt viele Dinge, die wir in den letzten Jahren vor der Pandemie alle miteinander gut gemacht haben und die erfolgreich waren. Aber es gibt auch unglaubliche Herausforderungen für die Zukunft. Wir wollen mit diesem Leitgedanken aufzeigen, dass durch die Pandemie, durch den Stillstand in der Gastronomie, bestehende Konzepte angepasst und neue hinzugefügt werden können, ohne sozusagen den Kern seines Geschäftes zu verlassen. Deswegen „zurück in die Zukunft“.

Sie sprechen die „unglaublichen Herausforderungen“ an. Wie wird sich die Branche nach Corona verändern und wie greifen Sie das im Programm der Internorga auf?
Eine der größten Veränderungen liegt sicherlich im Digitalbereich. Viele Gastronomen, die vorher nur eine kleine oder gar keine Homepage hatten, mussten digitalisieren, weil sie plötzlich To-go-Geschäft hatten und mit Lieferdiensten zusammenarbeiteten. Durch die Pandemie hat außerdem die Personalknappheit noch weiter zugenommen. Das macht auch die Anpassung von Prozessen notwendig. Darauf hat die Industrie mit automatisierten Küchengeräten reagiert.
Im Nahrungsmittelbereich haben sich Convenience-Produkte emanzipiert.Hier gibt es viele Produkte, die dazu beitragen, dass Köcheauch mit reduzierter Mannschaft ein gutes Produkt auf den Tischbringen können. All das gehört zu den Produkt-Highlights der Internorga-Aussteller. Dazu kommt unser neuer Bereich Digitalisierung, der eine komplette Halle umfasst, wo Sie eben nicht nur Kassen finden, sondern auch die ganzen Apps, mit denen Sie ihre Gäste binden oder Kundenbindung überhaupt erst mal aufbauen können. Auch reine Prozess-Apps sind dort zu finden.

Wie sieht es mit den Themen To-go und Delivery aus?
Auch das sind große Themen. Wir haben einige Anbieter auf der Internorga, die dazu ihre Konzepte vorstellen. Wir haben beispielsweise Lieferando dabei, der berät, was Gastronomen tun können, wenn sie keinen eigenen Lieferservice aufbauen möchten. Und natürlich ist jeder Gastronom daran interessiert, dass die Gerichte, die er ausliefert, auch so auf den Tisch kommen, wie man das in der Qualität gewöhnt ist. Dazu zählt auch die richtige Verpackung. Auch glaube ich, dass viele aus ihren Delivery und To-go-Angeboten, die zunächst ja aus der Not heraus geboren waren, um zu überleben, ein Geschäftsmodell für die Zukunft machen und damit ihr Geschäftsfeld erweitern können. Aus dem Überlebenskonzept wird so vielleicht ein profitables Zusatzgeschäft.

„DIE AUSSTELLERZAHLEN SIND NOCH NICHT AUF
DEM NIVEAU VON 2019. SIE LIEGEN ABER AUCH
NICHT DRAMATISCH DRUNTER.“

Claudia Johannsen

Jetzt haben Sie schon einige Highlights der diesjährigen Internorga angesprochen. Was für gute Gründe gibt es noch, warum speziell Köchinnen und Köche sich die Messe nicht entgehen lassen sollten?
Also natürlich in allererster Linie sollten sie hin, um sich die Entwicklung bei den Ausstellern, den Geräten und den Nahrungsmitteln anzuschauen, die in den letzten zwei Jahren passiert sind. Die Aussteller haben ja auch nicht geschlafen, sondern haben die Zeit genutzt, um eben weiter an ihren Produkten zu arbeiten und sich auf diese veränderten Marktbedingungen einzustellen. Und da gibt es eine Menge, was sie im Gepäck haben. Dann sollten Köchinnen und Köche natürlich vor allem auch die Gelegenheit nutzen, um sich miteinander auszutauschen. Es gibt ja gar nicht mehr so viele Foren, in denen man das kann. Dazu ist eine Messe ein wunderbarer Treffpunkt. Also das Netzwerken und die Information über neue Produkte dürften in diesem Jahr an erster Stelle stehen. Auch Inspiration ist immer ein Thema. Was kann man denn noch machen? Was gibt es denn überhaupt Neues, nicht nur Angepasstes, sondern Neues?

Und was werden Sie am ersten Messetag, wenn es nach drei Jahren endlich wieder losgeht mit der Internorga, als Erstes tun?
Als Erstes werde ich mich an den Eingang stellen und mich freuen, wenn die Türen aufgehen und endlich wieder die Besucher in die Hallen strömen. Anschließend werde ich mich fünf Tage lang damit beschäftigen, meinen eigenen Messe-Marathon hinzulegen, mit Ausstellern und Besuchern zu reden und diesen besonderen Spirit wieder aufzunehmen, den eine Messe hat. Dieses Lebendige, dieses Quirlige, dieses Surrende.

Vielen Dank für das Gespräch.