Grüner Fußabdruck für die Profiküche

Bernd Zinkewitz: „Damit nachhaltige Großküchen realisiert werden können, müssen durchdachte Planung und innovative Technologie zusammenkommen.“ Foto: KI generiertes Bild (Adobe Firefly)
Thomas Klaus 07.10.2024 MAGAZIN  |  Küchenmanagement

Schon bei der Planung von Profiküchen spielen Aspekte wie Nachhaltigkeit, Klimaneutralität und CO2-Reduktion eine immer größere Rolle. Denn ein niedriger CO2-Fußabdruck ist längst mehr als ein „Nice to have“ fürs gute Gewissen – oft ist er Voraussetzung für die Bewilligung von Fördermitteln.

Bernd Zinkewitz, Geschäftsführer des Planungsbüros „Gastro Design“ in Schorndorf, erinnert sich gut: Früher  war es egal, woher einfache Geräte oder Möbel für die Profiküchen stammten – ob aus Deutschland oder Asien. Statt der Herkunft interessierte vor allem der Preis. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage muss aus Sicht des erfahrenen Praktikers ein CO2-Fußabdruck nachgewiesen werden, der sich sehen lassen kann. Dabei spielt es auf einmal durchaus eine Rolle, ob der verwendete Edelstahl europäischen Ursprungs ist oder nicht: Hier stehen einem CO2-Fußabdruck von rund zwei Tonnen pro Tonne Edelstahl aus Europa über zehn Tonnen aus Asien gegenüber. „Angesichts dieses neuen Stellenwerts der Herkunftsfrage“, meint Zinkewitz, „sollten die 
Küchenverantwortlichen intensiver aufgeklärt und zum Umdenken gebracht werden.“ Letztlich gilt: „Damit nachhaltige Großküchen realisiert werden können, müssen durchdachte Planung und innovative Technologie zusammenkommen.“

MKN ist Pionier bei CO2e-reduziertem Edelstahl

Großküchengerätehersteller, die CO2e-reduzierten Edelstahl einsetzen, sind allerdings noch die Ausnahme. Als Pionier in diesem Segment tritt die Firma MKN am Markt auf. Deren „SteelPlus“-Technologie zeichnet sich nach Angaben von Peter Helm dadurch aus, dass lediglich circa eine Tonne CO2e pro Tonne Edelstahl bei der Herstellung verursacht wird. Der Diplom-Ingenieur arbeitet bei MKN als Vice President Innovation & Digitalisierung. 
„SteelPlus wird nicht mit Zertifikaten grün gemacht, sondern tatsächlich CO2-reduziert hergestellt“, betont Helm. Zum einen handele es sich zu 98 Prozent um Recycling-Material und zum anderen werde dieser Stahl mit CO2e-armem Strom aufgeschmolzen. Zusätzliche Pluspunkte im Sinne von Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden laut Helm durch die lokale Beschaffung und Produktion gesammelt: MKN stelle in Deutschland her, und 80 Prozent der Lieferanten seien ebenfalls in der Bundesrepublik beheimatet. Ein weiterer positiver Effekt der lokalen Verankerung: „Langfristige Beziehungen zu den Lieferanten vor Ort gewährleisten eine zuverlässige Versorgungskette. Das gewährleistet das Einhalten strenger Qualitäts-, Umwelt- und Mitarbeiterschutzstandards.“ 

Wichtig für Förderanträge 

Ein möglichst positiver CO2e-Fußabdruck (siehe Infokasten) ist mehr als ein „Nice to have“, welches das Gewissen der Akteure beruhigt und das Image des Betriebs verbessert. Er zahlt sich konkret betriebswirtschaftlich aus, indem er beim Genehmigen von staatlichen Fördermitteln als wichtiges Argument dient, beispielsweise beim Neu- und Ausbau von Gebäuden. 
Bernd Zinkewitz erläutert: „Politisch stand lange Zeit der Energieverbrauch in der Nutzungsphase im Vordergrund. Doch das greift zu kurz. Weitere Aspekte der Nachhaltigkeit rücken immer mehr in den Fokus.“ Als Beispiele nennt der Fachmann die Minderung der Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus eines Gebäudes, die Förderung nachhaltiger Materialgewinnung und die Schadstoffvermeidung in Baumaterialien. Die Barrierefreiheit müsse gefördert, Gründach-Potenzial ausgeschöpft und Naturgefahren am Standort minimiert werden.
Erreichte Fortschritte müssen zwingend dokumentiert und zertifiziert werden. Arbeitsgrundlage für die Planer seien im Wesentlichen die Vorgaben und Standards der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), so Zinkewitz. Die DGNB hat ein System entwickelt, das die Nachhaltigkeit von Gebäuden, Quartieren und Innenräumen messbar macht und ganzheitlich bewertet. Zinkewitz: „Ziel der Zertifizierung ist es, dass die Gesamtperformance eines Gebäudes dokumentiert und bewertet wird. Bis heute wurden rund 11.000 Projekte nach der Methode der DGNB zertifiziert.“

CSRD betrifft immer mehr Firmen

Von einem reineren Gewissen, positiverem Image des Betriebs und  einem leichteren Zugang zu Fördermitteln einmal abgesehen – der möglichst positive CO2-Fußabdruck bekommt auch durch die immer strengeren Nachhaltigkeitsberichtspflichten ein stärkeres Gewicht. Bernd Zinkewitz verweist auf die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union, die seit Anfang 2024 in Kraft ist. Dieses EU-Gesetz verpflichtet Unternehmen zu offenen und öffentlichen Informationen über ihre geschäftlichen Einflüsse und Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. Die Unternehmen sollen anhand eines Fahrplans aufzeigen, wie sie bis zum Jahr 2050 bei CO2 auf Netto Null kommen wollen.
Der Kreis der berichtspflichtigen Firmen vergrößert sich nach und nach. Selbst wenn kleinere Unternehmen vorerst von detaillierten Nachweispflichten verschont bleiben, zeigt die CSRD doch exemplarisch, wohin die Reise geht: Nachhaltiges Handeln muss sich etwa auch mithilfe eines positiven CO2-Fußabdrucks und von Zertifizierungen nachweisen lassen; das ist immer häufiger und immer detaillierter gefragt.



CO2e-Fußabdruck alias Carbon Footprint
Der CO2e-Fußabdruck beziehungsweise Carbon Footprint gibt an, welche Menge von Treibhausgasen durch individuelle Aktivitäten oder Handlungen freigesetzt wird und wo das größte individuelle Einsparpotenzial liegt. Gewöhnlich wird der CO2e-Fußabdruck in sogenannten CO2e-Äquivalenten (CO2e) dargestellt, weil neben Kohlenstoffdioxid auch andere klimaschädliche Gase wie Lachgas oder 
Methan in die Berechnung einbezogen werden. Der CO2e-Fußabdruck kann mithilfe eines CO2e-Rechners für Personen, Produkte, Firmen, Vereine und Institutionen ermittelt werden. Bei Produkten berücksichtigt der Cradle-to-Gate-Ansatz („von der Wiege bis zum Werkstor“) dabei alle Prozesse von der Gewinnung der Ressourcen über die Herstellung der Vorprodukte und die Herstellung des Endproduktes selbst bis zu dem Punkt, an dem das Produkt das Unternehmen verlässt. Der Cradle-to-Grave-Ansatz („von der Wiege bis zur Bahre“) umfasst hingegen den gesamten Lebenszyklus eines Produkts, einschließlich der Emissionen aus der Nutzungsphase und dem Ende der Lebensdauer.