Die Deckungsbeitragskalkulation ist die einzig gewinnbringende Kalkulationsmethode für die Gastronomie, davon ist Gastro-Berater Uwe Ladwig überzeugt. Im Interview erläutert der Experte, warum so manche „Renner“ auf der Speisekarte bei genauer Betrachtung keine sind.
KÜCHE: Herr Ladwig, für die klassische Aufschlagskalkulation haben Sie nicht viel übrig und setzen stattdessen auf die Deckungsbeitragskalkulation. Aber ist die Aufschlagskalkulation in der Gastronomie heute überhaupt noch verbreitet?
UWE LADWIG: Die Aufschlagskalkulation ist nach wie vor sehr weit verbreitet, und zwar sowohl in kleinen als auch großen Betrieben der Gastronomie. Sie erscheint auf den ersten Blick einfach und schnell anwendbar. Doch dieser Eindruck täuscht und führt langfristig zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen.
Warum denn das?
Bei der Anwendung dominiert das Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“. Dabei stammt diese Methode aus einer Zeit, als der Wareneinsatz noch die höchsten Kosten verursachte. Seit mehr als 30 Jahren sind jedoch die Personalkosten der größte Kostenfaktor. Deshalb ist die Aufschlagskalkulation nicht mehr zeitgemäß und trägt zu einem schwachen Betriebsergebnis bei.
Spricht denn auch irgendetwas für die Aufschlagskalkulation, das von der Deckungsbeitragskalkulation nicht geleistet wird?
Nein, aus Sicht der Gastronomiebetriebe spricht nichts für diese alte Methode. Lediglich Gäste profitieren, da sie Speisen zu günstigen Preisen erhalten, die jedoch kaum oder schlimmstenfalls keinen Gewinn für den Gastronomen abwerfen. Das führt dazu, dass viele Gastronominnen und Gastronomen aus Leidenschaft täglich zehn Stunden an sieben Tagen in der Woche arbeiten, ohne angemessen entlohnt zu werden. Mit der Aufschlagskalkulation entstehen sogenannte „Renner“. Die verkaufen sich zwar gut, aber ihr Deckungsbeitrag ist zu niedrig, um die Betriebskosten und den Unternehmerlohn ordentlich zu decken.
Wie hoch ist denn der Anteil dieser „Renner“?
Tatsächlich sind in 70 bis 80 Prozent der Betriebe die am häufigsten verkauften Gerichte unwirtschaftliche „Renner“, aber keine wirtschaftlichen „Gewinner“. Ursache dafür sind Kalkulationen nach dem Prinzip „Pi mal Daumen“ oder Wareneinsatz x 4 – ein betriebswirtschaftliches Fiasko.
Auf den Punkt gebracht: Was sind die Vorteile der Deckungsbeitragskalkulation?
Die Gewinner-Deckungsbeitragskalkulation bietet drei entscheidende wirtschaftliche Vorteile:
- Steigerung des Deckungsbeitrags: Mehr Gerichte tragen zur
Deckung der Kosten und des Unternehmerlohns bei. - Reduktion von Verlusten: Es gibt weniger „Sponsoring-Gerichte“
für preissensible Gäste, die die Leistung des Betriebs nicht angemessen wertschätzen. - Faire Preisgestaltung: Diese Methode ist für Gäste, Mitarbeiter
und Gastronomen gleichermaßen fair. Die Kalkulation nach
„Wareneinsatz × 4“ wird spätestens bei hochwertigen Gerichten
wie einem 250-Gramm-Rinderfilet als unpraktikabel und unfair
entlarvt.
Sie reden von fünf Schritten, die zu einer „Gewinner-Deckungsbeitragskalkulation“ führen. Welche sind das genau und wie viel Zeit muss man dafür investieren?
Erstens: Rezepturen und Kalkulationen erstellen, um den Wareneinsatz und Deckungsbeitrag in Euro zu ermitteln – das dauert ungefähr fünf bis zehn Minuten pro Gericht. Zweitens: Verkaufszahlen aus der Kasse besorgen – dauert circa fünf Minuten. Drittens: Auswertung der Renner, Gewinner, Verlierer und Schläfer in einer Portfolio-Analyse – das dauert etwa zehn Sekunden pro Gericht. Viertens: Den Durchschnittsdeckungsbeitrag der Gewinner (GDB) errechnen beziehungsweise aus der Analyse ablesen (zehn Sekunden pro Gericht) und damit künftig die neuen Verkaufspreise kalkulieren (dauert etwa zehn Sekunden pro Gericht).
Gibt es dazu auch eine griffige Formel?
Ja, die Formel lautet: Wareneinsatz (€) + ø Gewinnerdeckungsbeitrag (€) = Nettoverkaufspreis + 19 % MwSt. = Bruttoverkaufspreis (ca. 10 Sekunden pro Gericht).
Wie beratungsintensiv ist eine Umstellung auf die Gewinner-Deckungsbeitragskalkulation?
Die Umstellung ist wenig aufwendig, da lediglich die Methode geändert wird – von der Prozent- oder Faktor-Kalkulation zu einer eurobasierten Preisgestaltung mit dem durchschnittlichen Gewinner-Deckungsbeitrag. Das „Rad“ wird also nicht neu erfunden. Mit den richtigen Tools wie Excel-Vorlagen und Online-Seminaren ist der Prozess effizient umsetzbar. Wer bereits mit Kalkulationen gearbeitet hat, kann die Methode schnell adaptieren. Noch einfacher geht es mit professioneller Unterstützung – online oder direkt vor Ort.
Herr Ladwig, Sie haben im Juni 2024 die Gastronomie-Gemeinschaft-Business ins Leben gerufen. Was steckt dahinter und welche Vorteile hat eine Mitgliedschaft?
Die Gastronomie-Gemeinschaft-Business ist ein Netzwerk für Gastronomen und Köche, das Zugang zu betriebswirtschaftlichem Wissen im F&B Kompendium als PDF, Live-Online-Seminaren und praxisnahen Tools bietet. Mitglieder profitieren von einem intensiven Erfahrungsaustausch, Onlinekursen, Kalkulations- und Preisstrategien sowie Vorlagen zum Beispiel für BWA-Auswertungen, Budgetierung, Controlling und vieles mehr.
Und was ist das Ziel?
Wir wollen die Betriebe wirtschaftlich stabiler und erfolgreicher machen. Durch die Bündelung von Wissen und Ressourcen ergibt sich ein klarer finanzieller Vorteil für alle Mitglieder.
Vielen Dank, Herr Ladwig.
UWE LADWIG
Uwe Ladwig ist seit Oktober 1992 Geschäftsführer des Beratungsunternehmens F&B Support und gilt als Experte für betriebswirtschaftliche Themen in Profiküche und Gastronomie. Der gelernte Küchenmeister und Konditor ist außerdem als Dozent, Trainer und Fachbuchautor tätig.
www.f-bsupport.de
Der Artikel erscheint erstmals in KÜCHE 1-2/2025.