Angela Inselkammer im Interview: "Kommunaler Hochwasserschutz muss Priorität haben"

Die Dehoga-Bayern-Präsidentin schätzt: Etwa 100 gastgewerbliche Betriebe sind teilweise erheblich von den Folgen des Hochwassers betroffen. Foto: Dehoga Bayern/Inselkammer
Interview Petra Münster 18.06.2024 AKTUELLES  |  News

Starkregen und Hochwasser haben Anfang Juni vor allem große Teile Bayerns mit voller Wucht getroffen. Mittendrin: viele Betriebe aus dem Gastgewerbe. Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, im Interview zu den Folgen der Hochwasserkatastrophe und wie den betroffenen Betrieben geholfen werden kann.

KÜCHE: Frau Inselkammer, in welchen Regionen Bayerns haben Starkregen und Hochwasser besonders stark gewütet?
ANGELA INSELKAMMER: Besonders betroffen waren Teile Oberbayerns, vor allem der Landkreis Pfaffenhofen. Das Hochwasser zog sich von Schwaben über Oberbayern und die Oberpfalz bis nach Niederbayern. Einen guten aktuellen Überblick bietet dieser Link: www.hnd.bayern.de

Was können Sie schon über das Ausmaß der Schäden im Gastgewerbe sagen?
Das exakte Ausmaß der Schäden ist noch nicht absehbar. Täglich melden sich weitere Betriebe. Wir befinden uns noch in der Akutphase. Die Priorität der Betriebe ist im Moment nicht unbedingt, sich bei uns zu melden, denn sie sind mit ihrem Betrieb beschäftigt. Ich würde grob schätzen, dass in Bayern 100 Betriebe betroffen sind. Das Ausmaß ist sehr unterschiedlich und reicht von minimalen Sachschäden bis hin zu Schäden, die eine komplette Betriebsschließung notwendig machen, wie zum Beispiel im Fall des „Gasthofs zum Anker“ in Oberfranken. Viele Betriebe sind von eingeschränkter Strom-und Netzversorgung, Schäden an den Gebäuden, teilweise durch abrutschende Hänge, überfluteten Kellern und Sachschäden an der Einrichtung betroffen. 

Welche Hilfe brauchen die betroffenen Betriebe derzeit am dringendsten?
Uns erreichen vor allem Fragen nach Soforthilfen, etwa wo diese beantragt werden können. Aber auch der Wunsch nach „praktischer Unterstützung“ wie etwa die Bereitstellung von Bautrocknern oder wie mit Stornierungen umzugehen ist. 

Was unternimmt der Dehoga Bayern, um die betroffenen Mitglieder zu unterstützen? 
Wir waren vom ersten Tag an ansprechbar und haben sofort eine eigene Notfall-Hotline unter der Telefonnummer 089 28760-500 und eine entsprechende E-Mail-Adresse flut@dehoga-bayern.de eingerichtet, an die sich betroffene Mitglieder wenden können. Darüber hinaus haben wir auf unserer Website www.dehoga-bayern.de viele Informationen gebündelt, zum Beispiel zur finanziellen Unterstützung, zu rechtlichen Aspekten und zur Beantragung von Kurzarbeitergeld (KUG). Wir beraten auch, wie Betriebe Stornierungen vorbeugen können, und stellen Textbausteine für die Kommunikation zur Verfügung. Darüber hinaus bieten wir auf unserer Internetseite Merkblätter und Checklisten zum Download an, etwa zur Dokumentation der Flutschäden. Das ist vor allem für die Versicherungen relevant. Und: Unser Außendienst sowie die Bezirks- und Regionalgeschäftsführer halten permanenten Kontakt zu den betroffenen Betrieben und den Kreisvorsitzenden.

Mit welchen wirtschaftlichen Folgen des Hochwassers rechnen Sie für das Gastgewerbe in Bayern?
Eine negative Begleiterscheinung ist, dass sich die Rückmeldungen über Stornierungen häufen, auch bei Betrieben, die nicht vom Hochwasser betroffen sind. Verursacht bzw. mitverursacht durch die mediale Berichterstattung über die Situation in Bayern. Nicht zuletzt das Pfingsthochwasser im Saarland hat gezeigt, dass auf die Flutwelle schnell eine Stornowelle folgen kann. Dem versuchen wir als Hotel- und Gaststättenverband Bayern aktiv entgegenzuwirken und betonen, dass unsere Regionen sicher und gastfreundlich bleiben. Weite Teile Bayerns sind vom Hochwasser gar nicht betroffen, was aber in der Berichterstattung oft nicht deutlich wird.

Wie gut sind Ihrer Meinung nach die Betriebe im bayerischen Gastgewerbe auf solche extremen Wetterereignisse vorbereitet?
Betriebe, die in Hochwassergebieten liegen, sind gut vorbereitet. Unterstützung kommt auch von uns. Aber auf ein Jahrhunderthochwasser kann man sich nur schwer vorbereiten. Und einige Gebiete sind nicht versicherbar.

Was fordert der Dehoga Bayern konkret, um das Gastgewerbe besser vor solchen Ereignissen zu schützen?
Kommunaler Hochwasserschutz muss Priorität haben.

Frau Inselkammer, vielen Dank für das Gespräch.